50. Geburtstag in Amazonien

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Die Suche nach einem perfekten Platz, um meinen runden Geburtstag zu feiern, erwies sich als schwierig. Und so habe ich es eher losgelassen…

Die Rainbow-Community mitten im Dschungel war schon sehr basic, um nicht zu sagen etwas heruntergekommen. Es waren auch nicht sehr viele Leute da (nur eine Handvoll) und so richtig übergesprungen ist der Funke nicht.

Kathrin hat schon nach der ersten Nacht die Segel gestrichen und die Flucht ergriffen. Ich hingegen wollte noch etwas weiter reinspüren und bin geblieben. Aber nach einer weiteren Nacht und einem halben Tag, habe ich gemerkt, dass ich doch lieber etwas mehr Struktur habe. Die Organisation war sehr mühsam, angefangen beim Feuer machen zum Kochen (mit feuchtem Holz), bis hin zu nicht vorhandenen Einkaufsmöglichkeiten und daraus resultierend einer gewissen Abhängigkeit, was die Bauern drumherum so zum Verkauf vorbeibringen, oder auch nicht. Probleme mit dem Trinkwasser (Wasserfilter defekt, zahlreiche Leute krank geworden), vergangene Woche 8 Malariainfektionen und keine vernünftigen Wasch- oder Toilettenmöglichkeiten.

All das hat mich deutlich weniger als Kathrin gestört und der Abenteurer in mir fand das ganz lustig sich so durch den Dschungel zu schlagen und zu versuchen die Orientierung zu behalten. Bei mir war dann eher ausschlaggebend, dass am zweiten Tag die Hälfte der Leute abgereist ist und die andere Hälfte ziemlich lethargisch bekifft rumgehangen ist. Und da konnte ich mir nicht so recht vorstellen dort eine ganze Woche zu verbringen.

Also bin ich wieder Richtung Iquitos aufgebrochen, bin erst eine Stunde durch den Dschungel marschiert, dann 1,5 Stunden mit dem Bus nach Iquitos gefahren. Die Idee war dort in der Stadt zu recherieren in welche nette Lodge ich mich die nächsten Tage einquartieren möchte.

Als ich in einem Hostel ankomme, treffe ich gerade zufällig Kathrin wieder, die für den nächsten Tag eine dreitägige Dschungeltour in einer Eco-Lodge gebucht hat und gerade Geld holen will, um zu bezahlen. Ich überlege kurz und schliesse mich dann da einfach an. Es hört sich ganz gut an. Am Abend kommen mir dann doch noch einige Zweifel, ob das dir richige Entscheidung war, denn die Art wir Kathrin gewählt hat, ist eine ganz andere, als meine Art zu entscheiden. Ich werde etwas grummelig, nachdem ich erfahren habe, dass sie weder Preise verglichen hat, noch Fotos der Lodge gesehen hat und auch keine Ahnung hat, wo die Lodge liegt und wie die Website des Veranstalters heisst. Weiblich intuitives Vorgehen kontra männlich analytisches…

Aber jetzt haben wir gebucht und bezahlt und so wird es schon ok sein. Das Hostel ist ausgebucht, aber ich kann im Vorraum auf einer Matratze schlafen. Da ist es nicht ganz so stickig heiss, aber dafür dröhnt der Strassenlärm und die laute Samstag-Abend-Musik herein. Aber mit Ohropax geht es einigermassen. Es geht ohnehin früh morgens los..

Die Tour ist bis zum 27.10. bezahlt und ich überlege evtl noch länger zu bleiben, vielleicht gibt es dort nette Leute, mit denen ich am 29. feiern kann…

Die Lodge liegt nett, unser Guide ist super und die Gruppe (Spanier, Franzosen, Japaner und wir als Deutsche) ist sympathisch. Also ein gute Wahl. Schöne Ausflüge und tolle Natur. Die Unterkunft ist eher einfach, aber die Infrastruktur passt. Es gibt Duschen, Toiletten, Trinkwasser und abends sogar 2 Stündchen Strom. Internet natürlich keines so weit abseits der Zivilisation.

Frank, unser einheimischer Guide, der im Dschungel aufgewachsen ist, ist nett und gibt sich wirklich Mühe, gemeinsam mit seinem Kollegen Catalan. Viele Exkursionen per Boot und zu Fuss, tags und nachts. Es gibt Gelegenheit in Flüssen zu baden (auch in solchen, wo Piranhas sich tummeln, aber die tun nichts…und die Alligatoren und Kaimane sind nur nachts ggf. bissig). Wir probieren auch einiges Essbares, lernen über Medizinpflanzen und auch über die Tierwelt. Eine kleine Mutprobe gibt es als wir einen fetten, weissen Wurm angeboten bekommen, der angeblich gut sein soll, gegen Atembeschwerden und Bronchitis. Ich überwinde mich und es ist schon etwas seltsam, als die „Schale“ des Wurms unter meinen Zähnen knackt, aber der Geschmack ist gar nicht so übel – erinnert an frische Kokosnuss.

Frank kann ziemlich viele Tierstimmen nachmachen und ab und zu gibt es lustige Dialoge. Er erzählt eine Geschichte von seiner Grossmutter, die Unterhaltung dreier Vögel beschreibt: Der erste: compra pan, compra pan…(kaufe Brot), der zweite: Con que, con que (mit was), der dritte: con el culo carajo, con el culo carajo (mit dem Arsch zum Teufel). Das wird ein running gag… Überhaupt haben wir eine Menge Spass zusammen in der Gruppe…

Eine Nacht campieren wir an einer Lagune mitten in der Wildnis mit Hängematten und essen frische Piranhas und andere Fische, die einige geangelt haben.

Am nächsten Tag wecken unsere Guides ein Faultier auf, dass oben auf einem Baum schläft, in dem Catalan bis auf 5 m an einem Baum hochklettert und ich ihm dann noch eine ebenso lange Stange reiche. Das Tier fällt träge hangelnd zu uns runter und wir können es in Händen halten. Allerdings fährt es ab und zu die 3 scharfen Krallen aus, vor denen man sich hüten muss.

Grosse Seerosen mit Blättern von surrealem 1,5 Meter Durchmesser sind ein weiteres Highlight.

Grosses Gelächter gibt es, als ich Tarzan spiele und dabei rückwärts in 5 cm langen Dornen lande:

Und Überlebenstipps, wenn man sich mal im Dschungel verirrt. So gibt z.B. es eine Liane, in der frisches Trinkwasser ist.

 

Die Spanier und die Franzosen bleiben noch bis zum 28., Kathrin muss am 27. abreisen. Ich entschliesse mich auch noch einen Tag dort zu bleiben und bereue es nicht. Zudem ich noch Infos bekomme von zwei luxuriöseren Lodges in der Nähe, die ich mir gerne zum 29. gönnen möchte.

Ich bekomme von Frank einen Spitznamen verpasst, den die anderen auch übernehmen. Sie nennen mich Buddha – vermutlich weil ich ich gerne entstpannt im Schneidersitz verweile und zufrieden in die Welt schaue. Die Gruppe wird nach mir benannt und es gibt ein Gruppenfoto mit entsprechendem Schild:

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Am 28. kommen wir nachmittag wieder in Nauta an und sobald ich Internet habe, fange ich an zu recherchieren bezüglich der Lodges. Die eine hat keine Telefonnmmer angegeben und antwortet auf meine Mail nicht. Die andere ist erst nicht zu erreichen, dann kommt die Info, dass sie ausgebucht ist. Andere Versuche noch in einer schönen Lodge unter zu kommen scheitern ebenfalls. Was tun???

Nauta ist so ziemlich am A… der Welt und hat nichts Schönes aufzuweisen, schon gar keine schönen Hotels. Und da auch mein Bedarf an Dschungeltouren erst mal gedeckt ist und ich eigentlich gerne irgendwo in der Hängematte liegen möchte und auf den Fluss schauen, denke ich mir, dass ich das auch auf dem Schiff kann. Also kaufe ich mir kurzentschlossen ein Ticket für einen 1.5 Tage Tripp, wieder zurück Richtung Strassennetz und Bergland im Westen. Da ist eine Hostelübernachtung mit drin und ich stelle es mir ganz nett vor in der Hängematte zu liegen, zu lesen und zu dösen und den endlosen Fluss und Dschungel vorbei ziehen zu sehen…. Ich weiss nicht, wie es dann mit netter Gesellschaft aussehen wird, aber ich kann jetzt eh nichts mehr dran ändern…

Ich schaue mir das Schiff an und sehe, dass es ein schnelleres Boot ist, dass keinen Platz für Hängematten bietet, sondern nur Stühle hat. Nun ja, das ist nicht optimal, aber so ist es jetzt halt. Das ist der Preis des alleine Reisens ohne gross Vorauszuplanen, dass man riskiert den eigenen runden Geburtstag komplett, alleine in der Pampa zu verbringen…

So vertiefe ich mich in einen wunderbaren Roman von Luca Di Fulvio und mache es mir bequem auf dem Boot, das zum Glück nicht voll besetzt ist. Wir fahren 14 Stunden (von 6 Uhr bis 20 Uhr). Die letzte Stunde in fast vollkommener Dunkelheit. Es ist mir ein Rätsel, wie der Käptn da navigieren kann. Wir durften als Passagiere jedenfalls keinerlei Licht anhaben (schon die Beleuchtung des Handies was zu viel) und vorne am Bug stand einer mit einer funzeligen Taschenlampe, damit der Mensch hinten am Aussenbordmotor eine grobe Idee hat, wo er hin lenken soll. Aber wir kommen schliesslich sicher in Lagunas an, einem kleinen Nest, wo ein Hostel im Bootsticket inbegriffen ist. Aber das ist nur ein Bretterverschlag, stickig, heiss und laut. Die Nachbarn unterhalten sich noch ewig in voller Lautstärke und ignorieren meine Bitte nach Ruhe vollkommen und kaum das sie endlich schlafen legt um 2 Uhr morgens ein paar Meter entfernt ein Boot an aus dessen Lautsprechern voll aufgedrehte Salsa-Musik dröhnt. Hijos de Puta!!!

Aber meine Stimmung ist dennoch nicht verdorben. Ich feiere dann eben bei nächster Gelegenheit…., spätestens in Argentinien, wo ich Freunde und Familie habe…

 

 

 

 


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