Alberta – the heart of the Rockies

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Als ich die Grenze zu Alberta passierte darf ich die Uhr eine Stunde vorstellen: Nur noch 8 Stunden Zeitverschiebung nach Deutschland.

Die Berge hängen teilweise noch in Wolken, aber sie lassen ihre riesenhaften Ausmasse schon erkennen! Ich bin im kanadischen Herz der Rocky Mountains angekommen!

An der Nationalparkgrenze muss ich erst mal saftige 68 Dollar (45 EUR) für den Nationalparkeintritt bezahlen und wenig später ist Jasper erreicht. Das ist eine ziemliche Umstellung, denn der Ort ist ein berühmter Sommerferienort, der gerade an seiner Kapazitätsgrenze ist. Ich stehe Schlange an der Touristeninfo und orientiere mich was Wanderwege und Campingplätze anbetrifft, kaufe Lebensmittel ein und gehe dann zu dem einzig freien Campingplatz, ein sogenannter overflow-Platz, der ausser Plumpsklos auf einer grossen freien Kiesfläche neben Bahnlinie und befahrenem Highway nix zu bieten hat. Das ist der Preis der Popularität: Kanada bietet ja unendlich viel unberührte Landschaft, aber hier gehts zu wie in Zell am See…. Und dieser Platz kostet 16 Dollar! Zum Vergleich: Der tolle Platz auf der Farm kostete 20 Dollar, hat aber unendlich viel mehr geboten.

Nachts klart es auf und es wird richtig kalt. Morgens um halb zehn schaue ich auf das Thermometer im Auto und es zeigt nur 2 Grad an. Und die Autoscheiben sind überfroren, d.h. es war wohl unter Null gewesen. Ich fühle mich wie zerschlagen, konnte nicht gut schlafen, wegen des nächtlichen Lärms und der Kälte. Ich beschliesse mir in der nächsten Nacht alles warme anzuziehen, was ich besitze…

Aber das Bergpanorama ist phantastisch. Die Luft reingewaschen und oben der Neuschnee. Ich mache mich auf zum Maligne-Lake, eines der berühmtestens Fotomotive Kanadas. Und ich werde nicht enttäuscht: Bilderbuchkulisse pur!

Allerdings ist mir nicht nach grösseren Bergtouren zu Mute, da mir die Nacht noch in den Gliedern sitzt und so begnüge ich mich mit der kleinen Panoramarunde am See entlang… Ich fühle eine Erkältung kommen und so fahre ich noch ein Stündchen weiter zu heissen Quellen. Das 40 Grad warme Wasser ist wohltuend, aber das Bad ist an diesem Samstag knallvoll mit Leuten und ich sehen mich nach der meditativ-ruhigen Atmosphäre von Harbin, Sierra oder Breitenbush! Vor allem Harbin, immer wieder Harbin…..solch ein toller Platz! Wenn ich gewusst hätte, das es mit Shaun nicht weiter geht, dann wäre ich besser dort noch 3 Wochen geblieben und dann straight nach Vancouver gefahren….Auf dem Weg nach Kanada war eigentlich nur der Redwood-Forest etwas, was sich wirklich voll gelohnt hat.

Ich schaue noch nach alternative Campmöglichkeiten, aber es ist alles voll und so lande ich kurz nach Sonnenuntergang wieder auf dem hässlichen Overflow-Camping. Aber zum Glück ist zumindest um diese Zeit niemand mehr da, der kassiert. Ich verweigere auch die Selbstregistrierung und so habe ich zumindest den Preis auf 8 Dollar die Nacht gedrückt, was wieder halbwegs ok ist. An Wildzelten ist innerhalb des Nationalparks leider nicht zu denken.

Aber die Nacht wird besser. Ich sorge klamottenmässig vor und es wird auch nicht gaz so kalt. Trotzdem bin ich am Morgen nicht wirklich fit. Ich gehe nach Jasper auf der Suche nach einem funktionierendem WIFI und Trinkwasser, damit ich meinem Kanister nachfüllen kann. Beides Fehlanzeige: Hier gibt es nichts umsonst! Und so viele Menschen und Autos! Hilfe, ich will wieder in die Wildnis! Schliesslich finde ich bei einem städtischen Recyclinghof einen Trinkwasseranschluss. Selbst die Tankstellen am Ort wollen nur Trinkwasser in Flaschen verkaufen und geben nur kleine Menge warmes Händewaschwasser über Bewegungssensoren ab: Nicht geeignet um einen 10 Liter-Kanister aufzufüllen.

Ich fahre hoch zu einer kleinen Gletscheraussichtswanderung auf 1800 m Höhe, aber es ist inzwischen ziemlich diesig geworden, so dass sich die Aussicht in Grenzen hält.

Und so hebe ich mir den spektakulären Icefield-Highway rüber nach Banff für den nächsten Tag auf, an dem die Wetteraussichten gut sind und quartiere mich 20 km von Jasper auf einem schönen Campingplatz ein, der sogar mit Trinkwasser ausgestattet ist (zwar ohne Duschen, aber immerhin..).

Es ist noch richtg früh am Nachmittag und es tut gut mal eine Weile einfach zu SEIN. Seit ich in Kanada bin, war ich ziemlich rastlos unterwegs, noch nicht mal zwei Wochen um, und schon fast 6000 km gefahren…

Ich hoffe mal, dass ich meine gesundheitliche Angeschlagenheit durch die Ruhepause überwinden kann und wieder gut zu Kräften komme, so dass mir vielleicht auch noch die eine oder andere zünftige Bergtour schmecken will…

Am folgenden Tag fahre ich auf dem berühmten Icefield-Highway Richtung Süden. Aber die Gletscherfelder und majestätischen 3000-er sind alle in einem milchigen Nebel versunken, der sich auch nicht hebt, als ich selber auf 2100 m Höhe bin. Schade.

Ich komme in Lake Louise an mit seinen prächtigen, fotogenen Seen. Aber nach wie vor alles im Nebel. Ein Freund aus Deutschland fragt mich per whatsapp, ob ich denn eigentlich etwas von den Waldbränden mitbekommen würde und ich kann ihm nur von einem kleineren Brand im Jasper-Nationalpark berichten, der vor 2 Wochen statt gefunden hat. Und dann wird mir auf einmal was klar. Im Wetterbericht steht &smoke& und ich dachte erst, dass ist ein kanadischer Ausdruck für diesen seltsamen Nebel, aber nach weiteren Recherchen wird mir klar, dass es tatsächlich Rauch in der Atmosphäre ist, der von riesigen Waldbränden im Nordwesten der USA an der Grenze zu British Columbia herrührt. Es gibt sogar für Südalberta eine Gesundheitswarnung, dass man sich möglichst in geschlossenen Räumen aufhalten soll und es zu Atemproblemen kommen kann. Na super, wenn man mit dem Zelt unterwegs ist….Erstaunlich, dass sich dieser Rauch über viele Hunderte Kilometer, sogar Tausende ausbreitet. Ich finde metereologische Ausbreitungskarten im Internet und Vorhersagen.

Kanadische Rockies ohne und mit Rauchnebel:

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Trotzdem ist es gut zu wissen, dass mir &nur& das Bergpanorama versaut ist und ich ein bisschen schlapp bin. In so einen grossen Waldbrand zu geraten wäre sicherlich kein Spaß…

Ich bin von Alberta wieder über einen kleinen Pass nach British Columbia gefahren. In Lake Louise waren die Campingplätze ausgebucht und ausserdem habe ich schon in Jasper bei 1000 m Höhe gefroren. Lake Louise liegt fast 1600 m hoch…Ausserdem war mir eh zu viel Touristenrummel dort.

Wikicamps hat mir einen netten freecamping gerade ausserhalb des Nationalparks gezeigt und so hatte ich wieder meine Ruhe in der einsamen Abgeschiedenheit des Waldes, vom plätschern eines kleinen Flüsschens in den Schlaf begleitet. Auf 1100 m Höhe ging es mit den Nachttemperaturen noch ganz gut.

Nur der Morgen war nicht besonders einladend zum aufstehen. Nass von Tau und dann dieser unwirkliche Nebel-Rauch.

Ich studiere die Windrauch-Vorhersagen und es zeigt sich, dass es ziemlich instabile Verhältnisse sind mit wechselnden Richtungen. Ich könnte wieder 1000 km nach Norden fahren, aber dazu habe ich jetzt keine Lust mehr.

So werde ich heute nachmittag in die Radium Hot Springs gehen und dann mal schauen, wie sich die Situation entwickelt. In einer Woche bin ich eh in Peru. Dort konkretisiert sich der Kontakt mit einem holistischen Heil- und Meditationszentrum in Cuzco, wo ich vermutlich sogar wohnen kann. Das hört sich richtig gut an…Kanada macht mir jedenfalls den Abschied nicht allzu schwer.

Die Hot Springs waren bisher die nettesten in Kanada. Gut, dass das kühlere Becken mit 29 Grad räumlich vom 39 Grad warmen getrennt ist. So ist die Kinderaction überwiegend im kühleren Becken und im warmen Wasser ist es ruhiger. Ich komme mit Kanadiern unterwegs, die in der Nähe ein Ferienhaus haben und erfahre interessantes über Bergtouren in der Gegend. So lerne ich ein neues Wort &scrambling&. Bisher kannte ich es nur als &scrambled eggs&, aber in Kanada ist danach das Gehen im weglosen Gelände gemeint – was wohl verbreiteter ist als wie in Europa auf markierten Pfaden unterwegs zu sein. Die gibt es hier nicht so viele. Und diese Scrambles sind dann unterteilt in verschiedene Schwierigkeitsgrade, auch was das Orientierungsvermögen anbelangt. Dazu kommen dann noch die Restriktionen wegen der Grizzly-Bären. Definitiv werde ich nicht alleine scrambeln – das ist mir zu heikel. Wenn mir da was passiert, findet mich kein Mensch (höchstens ein Bär….). Aber ich erfahre vom kanadischen Alpinclub und dass es eine nette Hütte im Nationalpark gibt, wo ich mich eventuell mit Gleichgesinnten zusammen tun kann. Naja, mal schauen, was die Rauchsituation die nächsten Tage macht. Die Einheimischen nehmen das jedenfalls recht cool…..

Eine rassige rothaarige im Pool hat ein interessantes Tatoo in aldeutscher Schrift auf dem Rücken. Ich versuche es unauffällig zu entziffern, aber ich kann nur lesen &freundlich, sanftmütig und ein wenig…&.  Ich rätsele und rätsele und schaue immer wieder rüber. Irgendwann fasse ich mir ein Herz und frage sie. Und es kommt zum Vorschein &Sei freundlich, sanftmütig und ein wenig wild&. Das &Wilde& kommt allerdings pikanterweise erst zum Vorschein, als sie das Bikinioberteil am Rücken komplett zur Seite schiebt. Ich grinse mir eins und frage sie, wie sie darauf gekommen ist. Nein, sie sei keine Deutsche und auch nie dort gewesen, aber sie hätte &german heritage&. Und sie hätte sich den Spruch ausgedacht und von einem Freund ins Deutsche übersetzen lassen. Ich frage nach der Geschichte des Tatoos und da sagt sie nur leicht verlegen, dass das ja wohl für sich selbst sprechen würde. Ich sage ihr, dass das ein schönes Lebensmotto sein, verabschiede mich und sie setzt die angeregten Gespräche mit den Leuten fort, mit denen sie dort ist…..

Ach ja, und inzwischen ist auch die Bestätigung aus Cuzco da. Schön, es klappt mit dem Wohnen in dem holistischen Heilzentrum!


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