Motorradtour durch Rajasthan

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Nach sechs Tagen in Udaipur bekam ich Lust die Gegend zu erkunden. Auf einer geführten Mountainbiketour hatte ich schon einen kleinen Eindruck von der wunderbaren Landschaft bekommen und von den netten kleinen Strässchen durch die Berge und Dörfer.

Das Finden eines einigermassen verkehrssicheren Gefährts erwies sich jedoch als gar nicht so einfach. Das eine Motorrad hatte zwar funktionierende Bremsen, aber das Licht ging nicht und der Vorderreifen war komplett abgefahren. An einem anderen waren die Reifen ok, aber die Kette war komplett hinüber, was sogar der Verleiher zugeben musste. Also nahm ich erst mal das mit dem abgefahrenen Reifen für eine Tagestour und für die folgende Viertagestour wollte er bei dem anderen die Kette tauschen. Als ich abend wieder kam, war die Kette nicht getauscht, aber es war ein anderes Bike gerade zurück gebracht worden. Reifen, Bremsen, Licht alles halbwegs ok, nur die Hupe krächzte lediglich kläglich leise und das Lenkkopflager hatte soviel Spiel, dass der Lenker beim Bremsen einen Zentimeter nach vorne kippte. Ich reklamierte und sie sagten die Hupe käme schon wieder nach kurzer Fahrstrecke, wenn die Batterie geladen wäre und das Lenkkopflager zogen sie vor meinen Augen nach, so dass das Spiel nur noch ein paar Millimeter betrug. Aber insgesamt machte dass Motorrad noch den besten Eindruck gegenüber den anderen beiden. Zumindest war es mit 400 Rupien am Tag (gut 5 EUR) billig und auch einigermassen bequem von der Sitzposition her.

Also fuhr ich los über eine bunte Mischung von Schlaglochpisten bis hin zu vierspurig ausgebauten Passagen, hatte wunderbare Bergsträsschen und nachmittags eine nette Unterkunft auf dem Land in der Nähe eines wunderbaren Jain-Tempels (Ranakpur). Die wunderbare Ruhe wäre wirklich klasse gewesen, wenn die Zimmernachbarn nicht den Fernseher so laut aufgedreht hätten. Die Dusche tröpfelte nur, 50 % aller Birnen und Steckdosen waren kaputt und ich musste dreimal vergeblich nach einem Handtuch fragen. Aber der Fernseher funktionierte (leider) einwandfrei..

Die Fahrt am zweiten Tag fing mit einem Verwirrspiel an. Ich wollte noch zu einer dreissig Kilometer entfernten Burg in den Bergen, aber diesmal liess mich das GPS im Stich und die angeblich durchgehende Strasse endete an einem Tempel. Ich machte mehrere Versuche mich durchzufragen und wurde auch jedes Mal freundlich in eine andere Richtung geschickt und drehte mich eine Stunde lang eigentlich nur im Kreis, bis ich schliesslich aufgab. Immerhin war das Wegstück bis zu dem Tempel von spektakulärer Schönheit. Die 140 km bis Mount Abu, dem höchsten Berg Rajasthans zogen sich fast endlos auf den Schlaglochpisten in der heissen Ebene. Ich brauchte fast 6 Stunden dafür ohne dass ich nennenswerte Pausen gemacht hätte. In Mount Abu, einer ehemaligen &hill station& der Briten, waren 10 Guesthouses wo ich fragte angeblich ausgebucht, obwohl ich kaum eine Menschenseele dort sah. Ich wurde immer wieder auf ein Hostel verwiesen, wo die meisten Ausländer absteigen würden. Aber  genau das wollte ich eigentlich vermeiden. Zum ersten Mal auf der Reise hatte ich das komische Gefühl, dass sie nicht an Ausländer vermieten wollten und glaubte nicht so recht, dass wirklich keine Zimmer frei wären. Also landete ich schliesslich doch in dem Ausländer-Hostel und fand es gar nicht so schlecht. Ich war aber inzwischen sehr müde und hatte Kopfschmerzen von dem anstrengenden Tag. Als ich nach dem WLAN-Passwort fragte, sagten sie, ich müsse mich dafür erst registrieren. Dazu musste ein Online-Formular mit gefühlten 100 Feldern ausgefüllt werden. Als ich zum dritten Mal eine Fehlermeldung wegen falschen Formats bekam, wurde ich langsam stinkig und bat sie mir einfach das Passwort zu geben. Die Daten hatte ich ja schon alle beim Check-In ein ein Buch handschriftlich eingetragen. Aber nein, sagten sie das sei jetzt eine neue Government-Rule seit 2 Monaten und die müsse befolgt werden. Ich fragte warum sie denn dann die einzigen auf meiner Reise wären, die dieses Online-Formular verlangten und sie sagten, dass die Vorschriften so seien und die anderen vermutlich nicht so viel Ahnung von Computern hätten wie sie. Da wurde ich richtig sauer und auch laut, weil ich einfach keine Lust hatte auf diese blöde Bürokratie. Schliesslich konnte ich mich durchsetzen, nachdem ich so massiv aufgetreten war. Ähnlich wie beim vierten Versuch am Morgen ein Handtuch in dem Hotel zu bekommen. OK, heute ist also nicht &nice-guy-Tag&. Abends noch ein kühles Bier und ein Hühner-Curry auf dem Marktplatz. Für einen heiligen Wallfahrtsort eher eine Provokation, aber es schienen mir hier wirklich nicht alle mit heiligen Absichten unterwegs zu sein. Vor allem nicht die ganzen Mittelklasse-Kids, die hier mit teuren Autos und Motorrädern unterwegs waren und nicht nur Bier, sondern auch den einen oder anderen Whiskey kippten.

Am Folgetag wollte ich dann eine kleine Rundfahrt um den Ort machen, aber da merkte ich erst, dass Öl ausgelaufen war aus dem Motorrad und zudem der Fussschaltungshebel angebrochen war, so dass ich kaum noch die Gänge wechseln konnte. Ich fand eine Werkstatt, die mir für einen überschaubaren Preis einen neuen Schalthebel montierte und weiter gings. Wälder, Seen, Aussichtspunkte und ein gemütlicher Lesenachmittag in einem Ausflugsrestaurant in der Natur, wo es ausnahmsweise sogar recht ruhig war.

Dann am nächsten Tag die Rückfahrt nach Udaipur, anfangs durch richtig schöne Landschaft auf passablen Strassen, dann war nur noch die Landschaft schön und ich hüpfte stundenlang durch staubige Schlaglöcher. 

Ohne GPS würde hier gar nichts gehen:

Es war schön wieder im gleichen Hotel im gleichen Zimmer anzukommen, auch wenn ich es nicht mehr ganz im Hellen geschafft habe. Ich ging erst mal das Bike zurück bringen und wollte die Reparaturkosten für den Schalthebel zurück erhalten, was in einem saftigen Streit endete. Die Argumentation des guten Mannes fand ich nicht so recht schlüssig, denn er sagte, wenn mir das in der Nähe von Udaipur passiert wäre, dann wäre er gekommen und hätte das auf seine Kosten repariert und die Materialkosten wären dieselben gewesen. Wir wurden beide dann recht laut und schliesslich zog ich schimpfend davon mit den Worten, dass ich ihm eine schlechte Kritik in tripadvisor posten würde. Die anderen Defekte wie den Ölverlust, die häufigen knallenden Fehlzündungen, die ungenüngenden Bremsen, die lose Armaturenabdeckung,  die verbogenen Fussrasten, der nicht funktionierendeTacho, die defekten Blinker, die zu schwache Batterie die bei eingeschalteten Scheinwerfern nicht genügend Energie mehr für die Hupe hat (Hupe ist in Indien fast wichtiger als Bremse) – all das verschwieg ich ihm lieber, denn es schien ihn eh nicht zu interessieren…. Ich hätte lieber den doppelten Preis für ein technisch besseres Bike gezahlt, als einen solchen Billigpreis, aber dafür diesen Ärger und letztlich auch die Sicherheitsrisiken…


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