Kepler Track

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Geschafft! Total ausgepowert aber heil bin ich vom track zurück. Why the fuck hatte ich vorher die Intention ausgesprochen an meine Grenzen gehen zu wollen….?

Der Kepler-Track ist einer der 9 great walks, die als die schönsten und populärsten Wanderungen gelten. Genauergesagt spricht man in Neusseland von „tramping“ wann man wandert. „tramping“ ist also „hiking“ aber kein „hitchhiking“ – alles klar?

Der Tramp ist 60 km lang und es sind etliche Höhenmeter zu bewältigen. Normalerweise macht man das in 4 Tagen, aber dummerweise waren 2 der dafür erforderlichen Übernachtungsmöglichkeiten bereits ausgebucht und ich konnte von Glück sagen, dass die mittlere Hütte noch genau einen Platz frei hatte. Und die Wetteraussichten sahen gut aus, also habe ich nach kurzer Überlegung gebucht, wohlwissend, dass ich mir damit eine ziemlich Herausforderung stelle. Ich konnte zwar online buchen und bezahlen, aber das Ticket selbst musste ich mich mir dann noch persönlich einen Tag vorher abholen. Nachdem ich vorher die Wildnis genossen hatte, war mir sogar erst mal dieser kleine Ort Te Anau too much. Keinen Wilderness-Campground, sondern nur organisierte Holiday-Parks. Drei habe ich mir angesehen, bevor ich mich schliesslich dazu durchringen konnte auf diese Art und Weise zur Zivilisation zurück zu kehren. Eine warme Dusche ab und zu ist ja nicht schlecht,weil die Flüsse und Seen ja recht frisch sind, aber das ganze drumherum…..Auf dem Campground wurde mir der Platz Nummer 54 zugeteilt, d.h. ich konnte noch nicht mal frei wählen! Und gegenüber natürlich wieder deutsche Laute, genauer gesagt sogar bayerische. Drei Jungs aus Bad Tölz und sogar gar nicht so ganz jung. Ich fange mit ihnen ein Gespräch an, was zunächst noch ganz nett ist, denn sie sind ja auch erst beim zweiten Bier. Aber schon sehr bald öden mich die Themen an, die mit zunehmendem Bierlevel immer niveauloser werden. Fussball, Autos, Frauen, Geld, Politik….. die Klassiker. Der dritte Punkt wäre ja vielleicht noch ganz interessant, aber nicht auf die bierdümpfelige, saublöde Art. Ich habe mich schon lange ausgeklingt, aber dennoch bin ich quasi gezwungen mir dieses Gelabere auf oberbayerischem Stammtischniveau anzuhören. Und da merke ich ganz deutlich, dass mich so rein gar nichts zurück in die bayerische Provinz zieht. Erst ein Wiedererkennen, sogar was heimisch Vertrautes, aber dann nur noch ein Angewidertsein…

Am nächsten Morgen wache ich mit dem unqualifizierten Sprachdurchfall meiner Nachbarn auf. Mei o mei! Womit habe ich das verdient!

Ich will frühzeitig aufbrechen, dann ich habe einen langen Tag vor mir. Ich stehe zwar um 7 Uhr auf, aber irgendwie bin ich ziemlich entschleunigt und auch etwas konfus, so dass es bereits 10 Uhr ist, als ich vom Parkplatz loslaufe.

Der erste Wegpunkt ist mit 1,5 Stunden angegeben. Ich lege ein gutes Tempo vor und schaffe es in 55 Minuten. Ab da beginnt der Aufstieg zur ersten Hütte, knapp 900 Höhenmeter,  die ich in 2 h und 20 Minuten schaffe. Ich geniesse es meine Kraft zu spüren und es macht Spaß mich auszutoben. So langsam meine ich ein Gefühl für die Zeitangabe zu bekommen, beginne mich zu entspannen und mache erst mal gemütlich eine Mittags-Brotzeit. Ich habe 3 h 15 Minuten für eine Strecke gebraucht, die mit 5 – 6 Stunden ausgeschildert ist. Bis zu meiner Hütte für diese Nacht sind auch noch mal 5-6 Stunden, also alles im grünen Bereich. Meine Stirmlampe, die ich für alle Fälle bei Bergwanderungen immer dabei habe, werde ich wohl nicht brauchen, da es erst um 21 Uhr dunkel wird und ich spätestens um 18 Uhr dort sein dürfte – inkl. Pausen!

Das erste Stück des Weges ist an einem See entlang verlaufen, aber überwiegend in dichtem Wald, so dass ich den See nur ab und zu durchschimmern sah. Der Wald ist schon ziemlich magisch mit hohen Farnbäumen, Flechten, Moosen und alles was ein naturbelassener Regenwald so zu bieten hat. Auch  beim Aufstieg setzt sich der Wald fort bis bei etwas 1000 m die Waldgrenze erreicht ist. Ich bin froh beim Aufstieg einen Sonnenschutz gehabt zu haben, denn sonst wäre ich noch mehr ins Schwitzen gekommen, aber so richtig begeistert bin ich erst jetzt als sich mir diese phantastischen Weitblicke auf die Seen und Berge des Fjordlands eröffnen.

Es beginnt 30 Minuten vor der ersten Hütte und ist ein einziges langgezogenes Gipfelerlebnis für die nächsten Stunden, mit immer wieder neuen Ausblicken – sehr beeindruckend!

Aber dann macht sich auf einmal mein rechtes Knie bemerkbar. Nanu, was ist das los, das hatte ich ja jetzt schon lange nicht mehr! Noch nicht mal bei 1700 Höhenmeter Abstiegen im Himalaya. Und jetzt hat der Abstieg noch nicht mal begonnen und es gibt schon deutliche Zeichen von sich. Ich beginne bei dem stetigen Auf- und Ab dieser Gratwanderung langsamer zu werden und merke zunehmend auch sonst Ermüdungserscheinungen. Immerhin habe ich ingesamt schon etwa 1500 Höhenmeter bergauf und 300 bergab auf 23 km in den Knochen, als es dann zum eigentlichen Abstieg kommt.

Ich habe bereits seit geraumer Zeit begonnen immer mal wieder Dehnungsübungen zu machen und durchblutungsfördernde Salbe aufs Knie aufzutragen und bisher war es noch einigermassen erträglich. Aber jetzt ist es bereits nach 18 Uhr bevor ich den Abstieg beginne. Um diese Zeit wollte ich doch eigentlich schon in der Hütte sein! Ich komme oben am Grat an zwei Notunterkünften vorbei, die jedoch ohne Matratzen, Feuerstelle oder Kocher ausgerüstet sind – es gibt lediglich einen harten Fussboden und eine Lawinenschaufel. Und ich denke mir, dass ich noch keinen wirklich Notfall habe, da ich noch in der Lage bin zu laufen, wenn auch immer langsamer…

Das Wetter spielt auch mit und die tiefer stehende Sonne taucht die ganze Szenerie in ein tolles Licht. Und an der letzten Notunterkunft sehe ich einige der seltenen Kea (einheimische Papageienart) und beobachte sie noch eine ganze Weile bei ihren netten Spielchen und Kapriolen. Ein ziemlich neugieriges und albernes Völkchen.

Für den Abstieg ziehe ich mir meine Kniebandage über, die ich glücklicherweise eingepackt habe und stütze mich auf meine Teleskopstöcke. Und dennoch werden die Schmerzen schon nach 100 Höhenmetern immer stechender – und ich habe noch 800 weitere bis zur Hütte. Mist, das wird ein ziemlicher Leidensweg! Aber es hilft alles nichts – ich muss da jetzt durch, und das möglichst noch im Hellen! Immer wieder pausiere ich und raffe mich wieder auf. Gegen 19:45 Uhr ist der Talgrund erreicht, aber da sehe ich ein handgeschriebenes Schild, dass es noch eine weitere Stunde downhill bis zur Hütte sein soll. Ich schmunzele über den neuseeländischen Sinn für Humor, denn es kann ja nöchstens noch ein paar Minuten sein. Aber leider war das kein Scherz und nach weiteren 30 Minuten als es zunehmend dämmriger wird, aktiviere ich mein GPS und sehe, dass es immer noch über 200 Höhenmeter sind. Ich beisse die Zähne zusammen und bin ziemlich froh, als ich im letzten Tageslicht endlich die letzten Meter bis zur Hütte humpele.

Dort geselle ich mich zu den beiden Frankfurtern,  die ich unterwegs getroffen hatte und ich koche mir mein Essen. Das einzige, was es auf den DOC-Hütten gibt, sind Wasser, ein paar Stunden Strom am Abend und Gasherde. Aber nichts zu essen, keine Kochtöpfe, kein Geschirr – alles muss man selber hochschleppen. Mei,bin ich da von den Alpenhütten verwöhnt. Da hätte ich mir erst mal ein Weissbier bestellt und mir genüsslich die Speisekarte betrachtet, was mir am meisten zusagt. Aber so muss ich mir meine Nudeln mit Gemüse selber kochen. Zum Glück kann ich mir von ein paar Franzosen noch einen zweiten Kochtopf ausleihen, so dass es dann ziemlich flott geht und richtig gut schmeckt! Um 22 Uhr wird der Strom abgeschaltet und es ist Nachtruhe. Gutes Timing, mir hat die Zeit für Kochen und Essen gerade gereicht.

Ich habe einen Schlafsaal mit überwiegend weiblicher Belegung erwischt , was ich ganz angenehm finde, da es unter den Damen meist nicht so viele Schnarcher gibt, Aber der eine Kerl neben mir, reicht dann schon aus mein Oropax einem Praxistest zu unterziehen. Ich glaube, das ist der einzige Schnarcher in dem 20 Personenlagen und das direkt neben mir. Morgens habe ich überhaupt keine Eile, aber schon ab ca. 30 min VOR Sonnenaufgang haben grosse Teile des anwesenden Weibsvolkes ein derart gesteigertes verbales Mitteilungsbedürfnis untereinandert, das an Schlaf auch nicht mehr wirklich zu denken ist.

Nachts habe ich noch ziemliche Knieschmerzen und ich dehne immer mal wieder vorsichtig, aber die Sorge, wie es mit den fast 30 km am nächsten Tag gehen soll, lässt mich eine etwas unruhige Nacht verbringen.

Am nächsten Morgen ist es dann aber doch etwas besser mit dem Knie und ich laufe recht guter Dinge los, allerdings von Anfang an mit Bandage. Zum Glück verteilen sich die restlichen 300 Höhenmeter Abstieg  recht gleichmässig auf 23 km, so dass es mit dem Knie einigermassen geht.  Es geht wieder überwiegend durch dichten Märchenwald ein langgezogenes Flusstal entlang. Der Wald ist zwar ganz nett, aber mir fehlen etwas die Weit- und Ausblicke an diesem Tag. Ausserdem ist es eher bewölkt, kühler und ab und zu regnet es. Gut, dass die Gratwanderung bei warmem Sonnenschein und hervorragender Fernsicht am Vortag war! Die letzten 9 km spare ich mir, sondern kürze bei der ersten Gelegenheit zur Strasse hin ab, wo ich ein Stück trampen, d.h. hitchhiken kann. Das zweite Auto, das vorbei kommt hält auch gleich an und ein nettes australisches Urlauberpaar nimmt mich mit. Dann muss ich zwar immer noch 3 km bis zu meinem Auto laufen, aber immerhin, habe ich 6 km gespart….

Diesmal kann ich die Zivilisation im Ort Te Anau mehr wertschätzen und bin froh heil aus der Wildnis zurück zu sein….

 Ich wollte meine Grenzen spüren und hatte dabei eher an eine wohltuende Müdigkeit nach viel Bewegung an frischer Luft gedacht. Aber so bin ich auf andere Art und Weise an meine Grenzen gekommen – das nächste Mal versuche ich mich meine Intention noch deutlicher und klarer zu formulieren…


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