Reisemotivation
So langsam gehe ich auf die 50 zu, war 17 Jahre in einer soliden Firma in einem gut bezahlten Job, hatte eine Beziehung, lebte zusammen mit 4 Freundinnen/ Freunden in einem schönen Haus in München mit Garten und Swimmingpool, habe einen wunderbaren Freundeskreis und ein gut funktionierendes Beziehungsnetzwerk.
Also warum zum Teufel das alles aufgeben und auf unbestimmte Zeit alleine um die Welt ziehen?
Wie auf der Seite „über mich“ beschrieben, hatte sich die Rahmenbedingungen im Job die letzten 2,5 Jahre so entwickelt, dass ich mich nicht mehr 100 %-ig heimisch gefühlt habe. Ein grosser und wichtiger Teil meines Netzwerkes in der Firma war ohnehin gegangen oder ist gegangen worden. Und es wurde für mich immer anstrengender, so dass mir am Schluss meine Hausärztin sogar einen drohenden burnout bescheinigt hat.
Und die jahrelange Tätigkeit als Projektmanager machte sich als „deformation professionelle“ bemerkbar, da sich meine Follow-Up- und To-Do-Listen auch immer stärker ins Private fortsetzten. Ich begann meine Freunde mit Kontrollitis zu nerven.
Auch meine langjährige Beziehung war immer wieder ziemlich kräftezehrend und ich fragte mich häufiger, ob es förderlich für mich ist, da noch länger drin zu verweilen. Die klassische Fragestellungen „gibt es da für mich noch etwas zu lernen“ oder „gilt es anzuerkennen, dass wir uns gegenseitig nicht (mehr) gut tun“?
Mit diesen Fragen drehte ich mich 2 Jahre lang im Kreis, wägte die Pros und Cons ab und kam doch zu keinem klaren Ergebnis. Mir war der Zugang zu meiner Intuition, zu der nicht rational begründbaren Gewissheit, was als nächstes zu tun ist, verloren gegangen.
Deshalb entschloss ich mich im Herbst 2013 zu einer Visionssuche unter fachkundiger Leitung von Uli und Geseko aufzubrechen. Ich war mit ziemlicher Regelmässigkeit die letzten 20 Jahre immer wieder fastend ein paar Tage alleine in die Wildnis gegangen, aber noch nie begleitet durch eine vor- und nachbereitende Gruppe. Und diesmal war es wirklich grundlegend anders: Als ich alleine in der Toskana am Fluss sass gewann ich wieder Zugang zu einem pulsierend lebendigen Seinszustand und mir wurde klar, dass ich diesem wieder mehr Raum in meinem Leben geben wollte.
Und plötzlich wusste ich ganz klar, was ich zu tun hatte. Die Entscheidung eine Auszeit vom Job zu nehmen war als erstes klar. Ich brauchte nur noch 2 Monate um alle rechtlichen, finanziellen und versicherungstechnischen Hintergründe zu recherchieren. Eine besonders gute Quelle war diese Weltreise-Infos-Seite.
Und dann konnte ich kurz vor Weihnachten zu meinem Chef gehen und mit grösster Klarheit meine Auszeit beantragen. Anfang Januar teilte er mir nach einer Bedenkzeit mit, dass ein Sabbatjahr nicht ins Konzept der Firma passen würde und er mir meinen Platz nicht warm halten wolle/könne. Also machte ich im März nochmal eine kleine Probereise nach Kolumbien und war dann darin bestärkt, dass es richtig ist zu kündigen.
Inzwischen war auch die Beziehung Geschichte und in der Folge davon löste sich auch die Lebensgemeinschaft auf. Der Versuch zumindest das schöne Haus als Heimatstation mit neuer Besetzung zu erhalten scheiterte auch.
Und so wurde mir klar, dass es bei meiner Reise darum geht mich von allen Ankern zu entledigen, um wirklich völlig frei schauen zu können, was sich so ergibt. Und ich nahm diese Herausforderung des Lebens an, denn wenn es mich so radikal Altes abschliessen lässt, hat es bestimmt noch eine ganze Menge spannender Sachen mit mir vor.
Ich möchte die Zeit nutzen, wirklich zu lauschen in welche neuen Richtungen es mich treibt.
Das heisst, dass ein klassischer Tourismus nicht Fokus meiner Reise ist. Ich weiss, dass die Fähigkeit immer mehr neue Eindrücke zu konsumieren schon nach wenigen Wochen einer Übersättigung Platz machen würde. Und ausserdem würden mich die oft oberflächlichen Gespräche mit meist deutlich jüngeren Backpackern nach einer Zeit langweilen. Dann schon eher die Gespräche mit Einheimischen und anderen Langzeitreisenden suchen, weil diese eher das Potenzial haben in die gewünschte Tiefe und gegenseitige Inspiration zu führen.
Eine andere Idee ist, dass es befriedigender sein könnte jeweils länger an einem Ort zu bleiben, weil es dann möglich ist tiefer einzutauchen und auch Beziehungen aufzubauen, die nicht möglich wären, wenn ich alle 2 Tage weiter ziehen würde.
An Themen interessieren mich schon seit langem die „intentional communities„, Lebensgemeinschaften und Ökodörfer, die andere neue Alternativen zur Konsum- und Wachstumsideologie praktisch ausprobieren. In der Vergangenheit habe ich unter anderem Auroville, Findhorn und das Zegg zum Teil mehrfach besucht. Ausserdem war ich in den letzten 10 Jahren selber in der Gründungsphase von Gemeinschaftsprojekten in Süddeutschland beteiligt. Aus der letzten ist sogar etwas geworden, was sich sehen lassen kann: Tempelhof bei Crailsheim. Damals war ich noch nicht an dem Punkt in München alles hinter mir zu lassen und dorthin zu gehen und ich glaube, dass diese Entscheidung auch im Nachhinein richtig war, da die Ausrichtung und die Atmosphäre dieser Gemeinschaft nicht so ganz mein Ding ist. Und das sage ich in tiefem Respekt und Bewunderung was die Menschen dort in Rekordzeit auf die Beine gestellt haben!
Ich werde mich also immer wieder auf die Suche nach ökosozialen Gemeinschaften auf meiner Reise machen und schauen, ob ich dort eine Weile leben und mich vielleicht auch nützlich machen kann.
Der Fokus auf Nicht-Tourismus beinhaltet auch die Lust neue Tätigkeitsfelder ausprobieren zu können. Nicht zum Geld verdienen, sondern weil es auf die Dauer langweilig wäre Eindrücke nur zu konsumieren oder am Strand ein Buch nach dem anderen zu lesen. Und vielleicht kann ich ja hier und dort für Kost und Logis auch ohne offizielle Arbeitserlaubnis etwas Interessantes tun. Zum Beispiel könnte mein Talent und meine Erfahrung in der Wasserarbeit oder im Projektmanagement eine Möglichkeit sein. Oder ich probiere mal den Handlanger in der Küche aus oder wühle bei ökologischem Landbau mit den Händen mal so richtig in der Erde…
Uff, aber bitte nicht gleich! Ich merke, dass ich wohl tatsächlich kurz vorm burnout war und es ist erst mal viel Entschleunigung und innerlich zur Ruhe kommen angesagt.
Dazu möchte ich mich auch viel in der wilden und urprünglichen Natur aufhalten, weil dies eine wunderbare Kraftquelle für mich ist.
Stichwortartig zusammengefasst heisst das:
– Erholen, zur Ruhe kommen, neue Kräfte sammeln
– Kontrolle und Planung abgeben und vertrauensvoll dem lauschen, was mich auf der Reise intuitiv anzieht, was mein Herz lebendig schneller schlagen lässt und meine Augen zum Leuchten bringt
– Auch immer mal wieder Tourismus, aber wenn dann eher länger an einem Ort bleiben, um wirklich dort den Puls des Lebens zu spüren
– In Begegnungen Tiefe, Lebensfreude und Inspiration suchen. Oberflächliche Kontakte eher meiden.
– Ökosoziale Gemeinschaftsprojekte und Seminarzentren besuchen und dort interessante (neue) Tätigkeiten ausprobieren.
– Zeit in der wilden Natur verbringen, um mich immer wieder meditativ mit meiner eigenen Natur zu verbinden
by Ger-heart with 14 comments.
Schreibe einen Kommentar
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.