Pucon – eine kleine Horrorgeschichte

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Es gibt wohl tatsächlich Leute die Pucon mögen, sogar zur Hauptsaison. Zumindest hatte ich vorher einiges positives davon gehört und die Beliebtheit des Ortes spricht ja auch für sich.

Meine Erfahrungen mit Pucon – 5 Stunden nördlich von Puerto Varas – waren jedoch eher gruselig.

Ich hatte vorher eine Unterkunft gebucht in einem Eco-Hostel, etwas ausserhalb des Ortes. Ich erhoffte mir etwas mehr Ruhe als im Ortskern und eine ähnlich gute Vibration wie in Cochamo. Als ich spätabends dort ankomme und man mir die Unterkunft zeigt, wäre ich allerdings am liebsten wieder umgedreht: Ein enges Wellblechkabuff mit dünnen Holzwänden, wo man auf 6 m2 zwei wackelige, alte Doppelstockbetten hinein gepfercht hat. Darin zwei angetrunkene Gestalten aus UK und USA. Das „Zimmer“ hat ungefähr den Charme eines Kellerabteils im einem deutschen Mietshaus. Für 12 Personen gibt es gerade mal eine Dusche und eine Toilette und das 20 m entfernt über den Hof laufend, der lediglich aus grauen Steinchen besteht – kein Grün, die Atmosphäre eines Gewerbegebietes. Die Trennwände zu den anderen Kabuffs sind so dünn, dass man jeden Atemzug des Nachbarn mtbekommt. Direkt gegenüber haben junge Leute ein Haus gemietet und feiern bis ca. 3 Uhr Party. Meine Zimmergenossen schaffen es irgendwann trotzdem einzuschlafen, denn beide schnarchen wie ein Sägewerk. Trotz Ohropax, gelingt es mir nicht einzuschlafen. Als ich dann gerade ein wenig geschlafen habe, laufen lautgrölende Menschen am Hostel vorbei und immer wieder Autos mit voll aufgedrehter Musik. Später erfahre ich, dass sich am Ende der Strasse eine beliebte Disko befindet, die so gegen 4 Uhr schliesst. Zu allem Überfluss gibt es im Hostel einige Hunde und auch in der Nachbarschaft, und die schlagen jedes Mal Alarm, wenn mal wieder eine Horde Besoffene vorbei zieht. Zum Glück sind meine Zimmergenossen schon um 6 Uhr zu einem Ausflug weg und dann wird es auch auf der Strasse ruhiger. Endlich kann ich noch ein paar Stündchen schlafen und wache gegen 10:30 Uhr auf, ziemlich gerädert.

Ich will hier weg!!! Soviel ist klar. Um 11 Uhr ist checkout, also reicht mir das gerade noch.

Allerdings komme ich nicht so einfach weg. Die beharren doch tatsächlich auf 50 % Stornogebühren. Und da ich gleich zwei Nächte reserviert hatte, habe ich ein Problem. Ich bin stinksauer. So etwas ist mir in ganz Südamerika noch nicht passiert. Pläne werden ständig geändert und niemand kommt auf die Idee auf irgendwelchen Gebühren zu bestehen, allenfalls vielleicht wenn man gar nicht anreist. Aber wenn man einen Tag kürzer bleiben will? Nun ja, die Besitzerin ist eine Deutsche. Und Deutsche können ja stur mit Regeln sein – fürchterlich! Da kann auch die nette Brasilianerin an der Rezeption nichts dafür: Sie muss die Regeln durchsetzen. Ich treffe noch zwei andere deutsche Mädels, die für 5 Nächte gebucht haben und auch nur noch weg wollen. Sie beissen in den sauren Apfel und zahlen die Stornogebühren: Keine Nacht länger hier… Eine andere Deutsche ist da, die erzählt, dass sie jetzt drei Tage dort ist und sich diese Stories jeden Tag abspielen. Nach einigen Diskussionen bietet man mir zumindest ein Einzelkabuff an für den gleichen Preis und ich akzeptiere.

Ich mache mich auf zu Thermalquellen in der Nähe, nur 30 min entfernt. Der Busfahrplan, den das Hostel hat, ist allerdings veraltet. Ich hetze mich ab, um zur Haltestelle zu kommen und warte dann doch 45 min. Die Fahrt dauert fast zwei Stunden, da so viel Verkehr ist….. Die Thermen  sind dann ganz schön und sie sind zwar gut besucht, aber es ist noch erträglich:

Die Rückfahrt ist dann ein einzige Desaster: Der Bus kommt mit mehr als 30 min Verspätung, ist überfüllt so dass es nur Stehplätze mit Kuschelfaktor gibt und dann ist 10 km vor Pucon Schluss: Stau….rien ne va plus. Für die nächsten zwei Kilometer brauchen wir 40 Minuten. Eingepfercht im Bus, heiss, stickige Luft und Latino-Techno-Musik. Mir reicht es! Ich beschliesse zu laufen…..8 km an der Autoschlange entlang. Ich brauche zwar joggend fast eine Stunde, aber bin immer noch viel schneller als wenn ich im Bus geblieben wäre. Es ist schon dunkel als ich im Hostel ankomme. Ich habe keine Lust mehr zu kochen – besorge mir auf dem Weg im Supermarkt eine Fertiglasagne für die Mikrowelle und eine grosse Flasche Bier, die ich esse während im Haus gegenüber gerade wieder die nächtliche Party mit lauter Musik losgeht.

Da ich befürchte, dass es im Ortszentrum auch nicht viel besser ist, beschliesse ich doch noch eine weiter Nacht zu blieben, obwohl ich nun für das Einzelkabuff noch mal 35 % mehr zahlen muss. 20 Dollar dafür sind eine Frechheit. Aber ich will doch gerne noch etwas von der angeblich so schönen Umgebung von Pucon sehen. Und so miete ich mir ein Fahrrad, um dem Stau zu entgehen.

Ich frage dann interessehalber im Hostel nach, warum es eigentlich Eco-Hostel heisst. Es wäre doch sehr viel Blech und Plastik verbaut, ich sehe keine Solaranlage, Regenwassernutzung, Komposttoiletten oder zumindest einen grünen Garten. Sie hätten Wasserspargeräte angebracht und eine umfangreiche Mülltrennung – na toll! Ansonsten ist das Hostel zugepflastert mit Schildern mit Verhaltenstipps zum ökologischen Sparen. Und zwar so viel und penetrant, dass es wie eine deutsche Öko-Diktatur-Satire wirkt….

Der angebliche Mountainbike-Trail, ist dann dummerweise auch für Autos befahrbar und ich werde alle paar Minuten kräftig eingestaubt, aber immerhin gibt es recht nette Landschaft, Wasserfälle und einen See. Die Wasserfälle sind allerdings überfüllt und am See fahren ständig Leute mit jetski herum, so dass keine Ruhe herscht. Also auch nicht der Hit, aber zumindest habe ich jetzt mal etwas von der Umgebung gesehen.

Die Vulkantour spare ich mir: 120 Dollar für einen Tagestrip sprengen mein Budget.

Ich gehe abend noch essen – lecker peruanisch! – aber überteuert und besorge mir für den nächsten Tag ein Busticktet nach Santiago. Ich habe erstmal die Schnauze voll von chilenischem Sommertourismus im Februar. Die Gegenden, die gut erschlossen sind und die man ohne Auto machen kann, sind so wie Pucon. Und die anderen sind teuer, ausgebucht und abgelegen. Chile im Sommer also nur mit Auto und Campingausrüstung!!!!!

Noch mal ein nettes Beispiel des deutschen Einflusses in Chile. Ein Hersteller von Zweirädern heisst schlicht „Motorrad“:

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