Hinauf in die Berge
Die Abfahrt des Sammeljeeps verzögert sich um 1,5 Stunden, aber dann ist die letzte Unsicherheit verschwunden, ob es mit dem voraus bezahlten Ticket und der Abholung per Motorrrad ab Hotel auch wirklich funktioniert. Ich bin der letzte Passagier, der zusteigt und muss mit einem Platz im hinteren Teil, quer zur Fahrtrichtung vorlieb nehmen. Aber die 6 h Fahrt bis Uttarkashi gehen ganz gut rum. Zwischendurch Mittagsstopp in einem der besten Restaurants auf der Reise bislang. Ein All-you-can-eat-Thali für nur 50 Rupien (0,65 EUR).
In Uttarkashi treffe ich Ravi, den Bergführer und Freund eines Freundes aus München und wir fahren gemeinsam mit 2x Umsteigen weiter bis in sein kleines Bergdorf Barsu. Die Sammeljeeps mit denen wir fahren, sind jetzt wirklich total überfüllt, so dass wir einander buchstäblich auf dem Schoss sitzen, aber auch das geht. Voll ist erst, wenn die Leute schon übereinandergestapelt sind und trotz Drücken eine Tür nicht mehr zugeht. Aber auch das geht. So langsam entwickele ich indische Gelassenheit und das Nehmen der Dinge so wie sie eben kommen…
Der Platz von Ravi ist wirklich ein traumhaftes Paradies der Ruhe und der phantastischen Bergpanoramen. So kann ich vom Bett aus die über 6000 m hohen Berge in der Morgensonne strahlen sehen. Und ich spüre, wie sie mich rufen…. Das Camp liegt auf 2250 Höhe aber im Vergleich zu diesen Bergriesen, ist die doch schon beträchtliche Höhe kaum spürbar. Die Baumgrenze liegt hier erst bei 4000 m und auf der Höhe des Camps gibt es noch Laubbäume und es wird allerlei Gemüse angebaut.
Ich gehe mit Ravi zu einem nahegelegenen Wasserfall und bin glücklich an so einem schönen Fleckchen Erde angekommen zu sein. Wohltuend und äuserst selten für Indien, sind hier auch keinerlei Autogeräusche mehr zu hören und ausser Wasserrauschen und Tiergeräuschen herrscht eine idylische-ländliche Ruhe. Ich weiss nicht ob Ravi meine Grenzen austesten will, aber als es um eine ungesicherte Kletterpassage (ca. 3. Schwierigkeitsgrad) am Wasserfall entlang geht mit 20 m Luft unter den Füssen passe ich. Das ist mir zu heikel. Er ist aber schon hochgeklettert und mag nun auch ohne Seil da nicht wieder runter, also trennen wir uns und ich laufe alleine den gleichen Weg wieder zurück. Später sagt er mir, dass er bisher noch nie auf diese Idee gekommen ist mit Touristen da hochzuklettern. Ich nehme das mal als Kompliment….
Am Nachmittag regnet es, aber gegen 16 Uhr klart es auf und ich laufe alleine 1 Stunde den Berg hoch, bis zu einer Stelle, wo man ins Nachbartal sehen kann. Fasziniert beobachte ich das Wechselspiel von Sonne und Wolken auf den 6000-ern. Dort oben kriege ich sogar ein schwaches Handynetz, aber als ich versuche E-mails runterzuladen, schlägt auf einmal direkt neben mir aus heiterem Himmel, fast gleichzeitig mit dem Donner ein Blitz ein, so dass ich gehörig erschrecke und mich schleunigst auf den Weg zurück mache, den oben auf dem Kamm bin ich doch recht exponiert. Ausserdem nehme ich es mal als Zeichen &jetzt lass doch mal endlich für eine Weile die verdammten E-mails sein!& Als ich kurz vor Einbruch der Dunkelheit zurück komme, treffe ich auf einen etwas besorgten Ravi. Er sagt, dass um diese Zeit sich besonders viele Braunbären in dieser Gegend herumtreiben, die schon mal kräfitge Prankenhiebe austeilen können, wenn sie bei der Futtersuche überrascht werden. Es sei schon zu einigen Unfällen gekommen.
Am nächsten Tag ziehe ich dann gemeinsam mit dem Koch Jesbir zu einer kleinen Wanderung um einen Teil des Talkessels herum los. Ca. 3 Stunden lang wunderbare Aussicht und strahlender Sonnenschein. Ich merke allerdings, dass ich noch nicht so gut an die Höhe angepasst bin, denn die gut 400 Höhenmeter bis auf knapp 2700 m bringen mich schon ganz schön ins Schnaufen…
Am Nachmittag plane ich dann mit Ravi den Trek für die nächsten 12 Tage. Da keine anderen Gäste in Sicht sind, entschliesse ich mich jetzt doch dafür diese kleine Expedition alleine zu veranstalten. Ausser Ravi und Jesbir werden wir noch 2 Porter benötigen für Kochutensilien, Zelte, Lebensmittel,…. Ich habe wirklich Lust hier zu wandern und in der Natur zu sein und mit Ravi habe ich ein sehr gutes Gefühl. Eigentlich wollte ich nicht zu Beginn meiner Reise so viel Geld ausgeben, aber jetzt wo ich schon mal hier bin… Und für 4 Leute sind 70 EUR pro Tag schon ok.
Morgen noch mal ein paar Erledigungen in Uttarkashi (von aus ich dann hoffe, diesen Beitrag posten zu können) und dann geht es übermorge los. In Gegenden wo es dann wirklich definitiv keinen Handyempfang mehr geben wird…
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