Chillen am Pazifik

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Den nächsten Teil der Reise hätte ich eigentlich mit meinem, guten Freund Patrick aus München machen wollen. Wir hatten uns lange abgestimmt und es war offen, ob er mich in Bolivien, Argentinien, Chile, Mittelamerika oder überhaupt besucht. Immer wieder schien etwas dazwischen zu kommen…

Aber schliesslich hatten wir einen Plan und ich freute mich auf eine gemeinsame Zeit mit ihm. Der Flug war gebucht und ich hatte mir die nächsten zwei Wochen so organisiert, dass ich meinen Fokus auf einem Herumreisen mit ihm legen konnte. Aber dann einen Tag vorher seine Absage: Sein Fuss hatte sich entzündet und er konnte nicht laufen… Flug storniert…… schade!

Dann schien es wohl nicht anzuliegen….

Also machte ich mich alleine auf den Weg an die Pazifikküste, an den Platz, den wir uns gemeinsam ausgesucht hatten. Es war schon ein etwas seltsames Gefühl, nach dem intensiven Gemeinschaftsleben in der Community wieder alleine zu sein. Die Unterkunft auf einem Felsen mit wunderbaren Blick auf die wilden Wellen, hatte ich von Gaia und Paul empfohlen bekommen. Eine Beton-Wellblechkonstruktion, alles sehr einfach….aber ein netter Wirt und nur 10 Dollar die Nacht.

Ist es Solidarität mit Patrick, dass ich mir in der zweiten Nacht den Fuss am Bettpfosten so anhaue, dass sich der Fussnagel des grossen Zehs komplett löst? AUA! Ich frage Dr. google und probiere es mal der Nagel mit Leukoplast wieder zu fixieren, damit das Nagelbett erhalten wird und sich nicht in anderes Gewebe umwandelt, auf dem dann kein Nagel mehr so richtig anwachsen wird. Bisher scheint es zu funktionieren. Mit Sandalen oder barfuss kann ich ganz gut laufen und der Schmerz lässt nach. Ich hoffe nur, dass meine Desinfektion ausreichend war und sich nichts entzündet…

Ein bisschen bin ich mit der Surfer-Szene in Kontakt bekommen dort, aber nur sehr oberflächlich. Überwiegend war ich für mich… habe am blog geschrieben, die nächsten Schritte organisiert und in meinem aktuellen Roman gelesen. Alles in allem eine gute Auszeit und das alleine sein, war auch ganz ok.

Am letzten Abend bin ich noch mit meiner Zimmernachbarin losgezogen. Einer Frau aus dem Nachbarland El Salvador, die davon lebt Klamotten und Schmuck zu verkaufen. Aber sie hatte durchaus einen guten Bildungsstand und wir konnten interessante Gespräche führen. Ich kriege aber auch ein Gefühl dafür wie hart die Lebensbedingungen in Zentralamerika sind, wenn man nicht soviel Geld hat. Diese Härte schlägt auch etwas auf das Verhalten, die eher tough rüber kommt. Das ist mir bei mehreren Menschen aufgefallen, mit denen ich etwas Kontakt hatte.

 

Und dann bin ich mit der einzigen Busverbindung am dritten Morgen weiter gefahren: Nach Granada am Nicaraguasee. Ein nettes Kolonialstädtchen, das allerdings ziemlich touristisch ist. Eine Schiffsverbindung zur isla Ometepe ist seit ein paar Jahren eingestellt, seitdem der Wasserspiegel des Sees gefallen ist. Das Schiff sitzt am stillgelegten Anleger im Schlamm auf und niemand hat das Geld es flott zu machen oder den Hafen umzubauen….

 


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Inanitah – 2 Wochen in einer spirituellen Öko-Gemeinschaft

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Wenn ich mir die Form der Insel Ometepe im Nicaragua-See so anschaue, dann kommt mir die Augsburger Puppenkiste und „eine Insel mit zwei Bergen“ in den Sinn. Zwei Vulkane, die sich 1600 bzw. 1300 m hoch über den See erheben:

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Aber Ometepe ist nicht Lummerland und eine Eisenbahn gibt es auch nicht. Aber ab und zu alte klapprige, ausgemusterte US-Schulbusse, die an jedem Baum halten und auch chicken-buses genannt werden.

Einen solchen erwische ich auch bis zur Abzweigung zur Inanitah-Community. Für die 25 km braucht er so ungefähr 2 h.

Ich wappne mich mit meinen 30 kg Gepäck für einen halbstündigen Fussmarsch, als ich gerade einen Jeep einbiegen sehe. Ich frage, ob sie mich ein Stück mitnehmen können und siehe da, sie fahren direkt zur Inanitah-Community. An Bord ist ein älteres, französisches Paar, die jedoch ein bisschen seltsam drauf sind.

Auf dem Gelände angekommen, begrüsst mich eine freundliche, junge Truppe. Es gibt nette Worte, Umarmungen und eine kurze Orientierung. Ich finde einen superschönen Zeltplatz, der schattig ist, jedoch einen freien Blick auf den See hat. Die Zeltplätze haben Namen. Meiner heisst Lakshmi, die indische Göttin der Fülle. Das passt besser als der Yoni-Yard ein paar Meter weiter – aber der ist ja auch schon belegt.

Kurz nach Sonnenuntergang gibt es Abendessen, das rituell stets mit einem gratitude-circle eröffnet wird. Ein schöner Brauch die Aufmerksamkeit auf das Positive zu lenken. Ich bedanke mich für das warmherzige Willkommen und meine es auch so! Dieser Platz und die Menschen fühlen sich gut an!

Nach dem Abendessen geselle ich mich zu ein paar Leuten, die über dem Küchenessplatz – quasi im zweiten Stock – offenbar eine gute Zeit haben und komme nett ins Gespräch. Aber plötzlich werde ich von der Französin unterbrochen, die mich bittet ihr beim Tragen ihrer Tasche zu helfen. Sie gibt mir zu verstehen, dass sie sich geärgert hat, dass ich umsonst die letzten 5 Minuten im Jeep mitgefahren bin. Sie hätte erwartet, dass ich von mir aus eine Beteiligung anbiete. Sie und ihr Mann hätten ja sooo beengt gesessen. Mir kommt die Story etwas übertrieben vor. Es waren ja nur 5 Minuten und in dem grossen Auto zu dritt auf der Rückbank zu sitzen ist nicht wirklich eng. Und wenn sie Erwartungen haben, dann können sie es ja direkt äussern, dann ist es ein klarer deal. Aber so hinten herum finde ich es seltsam. Ich hätte ihr auch einfach so geholfen die Tasche zu tragen….Ich fand es auch seltsam, dass die beiden mich direkt auf französisch angesprochen haben, ohne zu fragen, ob ich die Sprache kann. Wir sind ja schliesslich in Nicaragua…..

Ich beschliesse mir die Story nicht weiter rein zu ziehen, geselle mich wieder zu den Leuten in der Bibliothek, über der Küche, teile kurz meine Erlebnisse von gerade und fühle mich bestätigt, es nicht persönlich zu nehmen. Einige sind am kuscheln und ich frage eine junge Amerikanerin, ob sie auch Lust hat zum kuscheln, worauf sie sich gemütlich an mich kuschelt. Wir sind zu fünft, ich erfahre ein bisschen, wie es im Inanitah so läuft und gehe schliesslich zufrieden ins Bett. Das französiche Paar bleibt übrigens ziemlich isoliert und reist nach 3 Tagen bereits wieder ab. Sie kommen aus der Pachamama-Community in CostaRica, mit der ich auch geliebäugelt hatte. Aber sie viel enger reglementiert zu sein und ausserdem durch einen Guru geleitet. Nun ja, diese Beiden Exemplare auf der Community bestärken mich nochmals, dass ich richtig lag das Inanitah zu wählen und nicht das Pachamama…

Gut schlafen kann ich die erste Nacht jedoch noch nicht. Ich bin positiv aufgeregt und die neue Luftmatratze schaukelt ziemlich. Die nächste Nacht tausche ich sie gegen eine flache Matratze ein und der Kontakt zur Erde fühlt sich besser an. Auf Luft zu schlafen, ist eher wie fliegen und ich  bin eh schon am Abheben und brauche nachts etwas Erdung.

Der Platz ist wunderschön gelegen und man hört keinerlei Zivilisationslärm. Wo gibt es sowas sonst schon noch auf der Welt?

Die nächten Tage sind für mich ein ziemliches Auf und Ab. Emotional und physisch. Ich hatte es wirklich dringend nötig nach Stadtleben und Herumziehen mich wieder mit einer netten Hippie-Gruppe zu connecten, mich gesund zu ernähren und mehr innerlich zu öffnen. Mein Körper reagiert auf die gute Kost zunächst mit Dünnschiss und ich spüre förmlich die Entgiftung. Es tut gut auf Alkohol, Kaffee, Fleisch, Frittierte, Süsses, etc.. zu verzichten. Schon nach zwei Tagen fühle ich ich innerlich gereinigt und gefühlsmässig durchlässiger. Und ich spüre deutlich mein Defizit nach nährendem Kontakt. Und oft kann ich dieses Bedürfnis in schönen Begegnungen stillen. Aber danach fühlt es sich erst mal noch einsamer an. Mehrmals täglich wechselt meine Stimmung von gut verbunden und in die Gruppe integriert bis hin zu innerer Isolation.

Von Gaia, einer der Mitgründerinnen von Inanitah erfahre ich, dass nun doch ein Volunteering möglich wäre. Zuvor hatte ich mich beworben, aber erst mal eine Absage erhalten, da es schon voll wäre. Es hätten für den März so einige Leute abgesagt. Sie bräuchte allerdings ein 4-Wochen-Commitment. Wir kommen überein, dass ich mir die Sache erst mal eine Woche als Visitor anschaue und dann entscheide, wenn ich soweit bin. Ich bin doppelt so alt, wie der Durchschnitt der sonstigen Volunteers…. und das lässt mich etwas zögern. Meine Motivation zum Volunteering wäre noch mehr durch direktes Mittun zu lernen und mich stärker in die Gruppe zu integrieren.

Aber dann entscheide ich mich nur das Visitor-Programm zu machen. Ein Freund aus Deutschland hat sich angekündigt und ich freue mich mit ihm zusammen herum zu reisen. Und ausserdem gibt es in Guatemala ein Consciousnes-Festival an einem Ort, den ich mehrfach empfohlen bekommen habe.

Paul, der andere Gemeinschaftsgründer – ein Deutscher – ist mir ebenso wie Gaia sehr sympathisch. Bis vor ca. 1 Jahr waren die Beiden ein Paar. Aber es gab viele Streits und Auseinandersetzungen, die schliesslich zur Trennung geführt haben. Die beiden sind auch sehr unterschiedliche Charaktere. Paul nach aussen hin sehr weich und ruhig, fast feminin – während Gaia erst mal sehr straight und hart rüber kommt. Aber bei genauem Hinspüren sehe ich die Kraft in Paul und die Weichheit in Gaia. Sie ist auf amerikanischen Militärstützpunkten aufgewachsen, auch sieben Jahre in Deutschland. Und das Militärische kommt doch manchmal durch… Eigentlich hatten die beiden wohl einen Deal, dass sie sich den Platz teilen. Erst ist Paul 6 Monate weg und dann Gaia, so dass sie sich am Platz nicht begegnen müssen. Paul kommt drei Tage vor mir nach 6 Monaten zurück und Gaia ist noch da. Sie denkt offenbar auch nicht daran wegzugehen. Es ist auch irgendwie verständlich: Beide haben die letzten 7 Jahre so viel Herzblut und Engagement in dieses Projekt gesteckt, so dass es ihr Baby, ihr zuhause ist. Sie versuchen sich jetzt trotz Trennung irgendwie zusammen zu raufen und den Platz weiterhin gemeinsam zu managen. Ich wünsche ihnen, dass dies gelingen möge. Ich schätze beide seht und ziehe meinen Hut vor dem, was sie geschaffen haben. Und wie gut alles, trotz der ständig wechselden Leute am Ort organisiert ist. Das meiste funktioniert eben einfach!

Die Gebäude sind allesamt aus natürlichen Materialien gebaut – überwiegend von der Insel selber kommend. Der Garten, der nach Permakultur-Prinzipien aufgebaut ist, wird gehegt und gepflegt auch wenn es wirtschaftlich günstiger wäre viele frischen Sachen zuzukaufen. Aber es geht eben um das Selbstversorger-Prinzip und die Frische und Qualität der Nahrungsmittel. Es gibt keine industriell produzierten Lebensmittel, keine Verpackungen, Plastik, etc….. D.h. fast aller Abfall ist kompostierbar.

Alles läuft im Recycling-Kreislauf. Auch die Komposttoiletten, aus denen nach 6 Monaten gute Erde gewonnen wird, die im Garten verwendet werden kann.

Gutes, klares Quellwasser aus einer Bergquelle steht in (noch) ausreichender Menge zur Verfügung. Und das Wasser wird mehrfach genutzt. Es wird zunächst der Pool befüllt – mit menschlichen Informationen durch die Benutzer angereichert – und anschliessend wird damit der Garten gewässert. Keine chemischen Zusätze – lediglich einmal wöchentlich ein Wasseraustausch. Der Ansatz gefällt mir – die Pflanzen bekommen sozusagen die energetische und DNA-Info der Menschen mit und können so Produkte produzieren, die besonders gut angepasst sind. Direkte Kommunikation zwischen Mensch und Pflanze. Klingt vielleicht etwas esoterisch, aber ich mag daran glauben, weil es so schön und schlüssig klingt.

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Den Strom liefert eine Solaranlage mit 1380 W/peak. Eine externe Stromleitung gibt es nicht. Da es keinen Kühlschrank gibt und auch die Waschmaschine über ein Fahrrad angetrieben wird, reicht die Leistung aus. Es ist ja fast nur fürs Licht und zum Laden diverser Geräte und ab und zu mal die Musikanlage. Da 12 V-Geräte in Nicaragua schwer und teuer zu beschaffen sind, läuft der Inverter dauert – zumindest auf standby. Bei den langen Kabellängen ist es auch günstiger auf 110 V zu transformieren, wegen kleinerer Leitungsquerschnitte und geringerer Verluste über die Entfernung. Lediglich das Internet läuft auf 12 V und ist somit sehr störungssicher, weil der Inverter schon mal abschalten kann, wenn abends bei voller Beleuchtung und sonstigen Stromverbrauchern jemand auf die Idee kommt, den Hochleistungsmixer für einen Smoothie anzuwerfen. Aus gutem Grund ist das Laden von persönlichen Geräten auf die Zeit von 9 bis 16 Uhr beschränkt – vorzugweise wenn die Sonne scheint. Das Batterie-Pack ist extrem einfach gestrickt: Günstige, nicht wartungsfreie Batterien. Eine direkte Entladungskontrolle findet nicht statt. Die Regelung dafür wäre zu aufwändig und teuer. So ist offenbar günstiger eine etwas geringere Lebensdauer der Batterien ist Kauf zu nehmen, weil sie öfters mal zu stark entladen werden.

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Erstaunlich ist die verhältnismässig gute Internetqualität. Für diese abgelegene Gegend sind 5 MB/s bei guter Verfügbarkeit eine kleine Sensation. Bis ins Tal gibt es eine Glasfaser-Leitung. Und von dort geht die Übertragung über Richtfunk. In de Gemeinschaftsbereichen ist die Geschwindigkeit auf 1 MB/s gedrosselt, damit alle was davon haben. Aber wenn nicht gerade alle gleichzeitig am Netz sind, kann man sogar ganz gut skypen.

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Gekocht wird vorzugsweise auf dem Holzfeuer. Aber es gibt auch einen Gasherd, der für kleinere Side-Dishes verwendet wird.

Nebenbei gibt es auch Solaröfen und Solartrockner, die tagsüber in der Sonne richtig ordentliche Temperaturen von weit über 100 Grad erreichen können.

Auch eine warme Dusche gibt es! Die Leitung wird dazu durch einen grossen Komposthaufen geführt, der das Wasser angenehm temperiert.

Die Technik ist beeindruckend und auch die Organisation funktioniert. Die Regeln machen Sinn und es besteht eine gute Balanca zwischen Hippie-Chaos und Struktur, ohne jedoch dogmatisch oder einschränkend zu wirken. Aber das ist meine persönliche Wahrnehmung, dass es gerade die richtige Mischung ist. Ich erinner ich an April, einer Frau aus New York, die gerade ihren job nach langen Jahren in der corporate world gekündigt hatte und ihr neues Leben in Inanitah beginnen wollte. Aber sie kam mit der Nähe zur Natur einfach nicht klar. Alles war zu einfach, zu dreckig (was ist Dreck anderes als Materia am falschen Ort? Wenn ich aus dem Bungalow trete und da ist Erde statt Asphalt, dann ist es für mich kein Dreck sondern ein wunderbar sinnliches Erlebnis mit nackten Füssen die Erde zu ertasten), zu unsicher (ja es ist Diebstähle in Nicaragua….. aber im Vergleich zu New York City….?). Sie hat sich lediglich in ihrem Bungalow verschanzt, wurde krank und hat schliesslich ihr Ticket umgebucht und ist schon nach 4 Tagen wieder vom echten Dschungel in den Asphaltdschungel nach NYC zurück gekehrt. Alles ist relativ! Wenn ich das Inanitah mit der Infrastruktur eines Rainbow-Gatherings vergleiche, dann ist das Mehrfach-Sterne-Luxus…

Aber was ist mit den Inhalten, Werten, Visionen? Das was dazu auf der Website steht hat mich sehr angesprochen.

Was mir gut gefällt ist das sharing: Von Befindlichkeiten, Talenten, Fähigkeiten, Impulsen. Jeweils montags morgens gibt es eine Runde, bei der alle dabei sind. Dort werden die Aufgaben der Woche verteilt (volunteers arbeiten 15 h pro Woche + ca. 3 h Dienste die jeder macht, d.h. auch die Besucher). Und es gibt jeden Tag Timeslots, in denen Aktivitäten angeboten werden können. Es besteht kein professioneller Anspruch und die Atmosphäre ist sehr wohlwollend und unterstützend. So kommen tolle Angebote zusammen: Von Gesprächskreisen, über Massagenaustausch, Tarot-Reading, workout, Meditationen, Yoga, …. Ich biete zweimal eine Einführung ins Wassertanzen an. obwohl der Pool eigentlich nicht so richtig warm genug dafür ist. Aber das ist etwas, was ich gut kann und es tut gut mich einzubringen und dafür gutes Feedback zu ernten. Ansonsten fühle ich mich durch meinen Visitor-Status etwas mehr in der Konsum-Haltung, als die Volunteers. Ich gleiche quasi mein Weniger-Arbeiten durch einen höheren finanziellen Beitrag aus. Aber trotzdem fühlt es sich manchmal so an, als ob es Ungleichgewicht zwischen Geben und Nehmen gäbe. Geld ist eben nicht gleichwertig mit praktischem Einsatz. Das Leben in dieser Umgebung ist sooooo anders, als ich es gewohnt bin und so weiss ich oft ganz schlicht nicht, was ich helfen könnte. Es hat schon seinen Sinn, dass die Volunteers eine Mindestverpflichtung von 4 Wochen haben, da es doch einer gewissen Einarbeitungszeit bedarf.

Ich schätze die kleinen täglichen Rituale. Morgens gibt es um 6 Uhr jeweils aktive Meditationen im Tempel. Sie sind für mich ein perfekter Start in den Tag und ich versäume keine einzige davon:

Bei der Morgenmeditation im Tempel

Bei der Morgenmeditation im Tempel

Und auch den übrigen Morgenden nehme ich an dem Treffen um 8 Uhr teil, obwohl es nur Montags für alle verpflichtend ist. Es ist einfach gut mich eingebunden zu fühlen, alle zu sehen, eine kurze meditative Einstimmung gemeinsam vorzunehmen und von jedem kurz zu hören, wo er gerade so steht.

Und Mittwoch abends gibt es den sogenannten Transparency Circle, der mich von der Idee her etwas an das Forum erinnert, so wie es im Zegg entwickelt wurde. Allerdings ist die Leitung und die Feedbackkultur im Inanitah nicht so stark ausgeprägt. Aber sich in seinem Innersten zu zeigen und spürbar zu machen, schafft eben die notwendige Transparenz, die der Kit ist, die eine Gemeinschaft im Innersten zusammen hält.

Das Miteinander ist jedenfalls überwiegend offen und herzlich.

Auch die freitägliche Cacao-Zeremonie ist ein schönes Ritual. Am ersten Freitag wird der hottub mit Holz angeheizt und wir trinken zum Sonnenuntergang diesen konzentrierten, natürlichen Cacao, der frisch zubereitet wird und der eine herzöffnende und verbindende Wirkung hat. Und anschliessend wird getanzt und gechillt. Ein guter Start ins eher unstrukturierte Wochenende.

Am Wochenende gibt es in der Nachbar-Community El Zopilote eine Pizza-Night. Und am Sonntag mache ich mit Susi, die gerade frisch angekommen ist einen Ausflug mit dem Fahrrad. Das erste Mal, das ich die Insel ausserhalb von Inanitah erkunde. Mit Susi ergibt sich ein toller und vertrauensvoller Kontakt. Sie ist mir richtig ans Herz gewachsen. Sie ist gerade mal halb so alt wie ich, aber das spielt keine Rolle. Auch mit Elsie aus Melbourne habe ich einen schönen Kontakt. Sie ist etwas verschlossener und macht viel ihr eigenes Ding, aber wenn sie da ist, dann mit einer Intensität, die mein Herz zum leuchten bringt.

Am zweiten Wochenende treffe ich Kirsten, die ich auf dem Schiff nach Ometempe kennen gelernt hatte. Sie macht Volunteering in der hacienda und ich fahre dort mit dem Fahrrad an. Sie unterrichtet englisch an der dortigen Schule. Wir unterhalten uns prima, fahren gemeinsam Kayak auf dem See und schaukeln dann zusammen in der Hängematte, was sehr gemütlich ist. Als ich aufbreche ist es schon fast dämmerig und ich komme erst im Dunkeln wieder zurück.

Manchmal fühle ich mich in der Gruppe integriert. Oft sind es jedoch die 2-er Kontakte, die ich als besonders schön empfinde. Es ergeben sich immer wieder gute Gespräche. Die Inanitah-Gemeinschaft zieht interessante Leute an – fast ausschliesslich Langzeitreisende mit faszinierenden Lebensgeschichten.

Nina, die ein Praktikum für ein Friedensprojekt macht. Stijn und Thom, die ihre Bachelor-Arbeit als Anthropologen am Fallbeispiel der community aufziehen und alle am Schluss interviewen. Jens, der Unternehmensberater bei Mc Kinsey war und jetzt schon mit 27 erkannt hat, dass die klassische Wachstumswirtschaft ein Auslaufmodell ist. Und Esther, die um die Welt reist um Inspiration aus dem Besuch verschiedener Communities zu ziehen, um selber eine zu gründen. Sie gibt tolle Massagen und schreibt auch einen Blog. Ihre Reflexionen zu Inanitah sind aus einer ganz anderen Sicht als meine geschrieben aber mindestens ebenso interessant.

Mein Fazit: Inanitah ist sicher ein Highlight meiner Reise, aus dem ich viele Inspirationen und auch eine Erweiterung meines persönlichen Netzwerkes mitnehme. Allerdings wäre mir die Tatsache, dass sich die Zusammensetzung der Gemeinschaft alle paar Tage ändert auf die Dauer zu anstrengend. Man fängt ja quasi immer wieder von vorne an und mit jedem der geht, gibt es auch einen Verlust an Energie. Das wäre mir zum dauerhaft dort leben zu anstrengend. Man kommt kaum über die erste Phase einer Gemeinschaft hinaus, die Scott Peck als Pseudogemeinschaft beschreibt. Das ist sowas wie die Anfangseuphorie, wo alles wie rosa Wölkchen aussieht und man die eigenen Wunschvorstellungen aufeinander projeziert, ähnlich wie beim frisch verliebt sein. Aber ich habe genug flüchtiges Vorbeiziehen die letzten 2 Jahre in meinem Leben gehabt: Ich möchte die Tiefe einer längerfristigen Beziehung. Sowohl für meine Gemeinschaft, in der ich mich sehe, als auch für die Zweier-Liebes-Partnerschaft, die ich hoffe zu finden, nachdem ich wieder sesshaft geworden bin…

Aber Inanitah ist ein Ort auf meiner Liste, an den ich gerne mal wieder zurück kehren möchte!

Interessant finde ich in diesem Zusammenhang ein Tarot-Karten-Reading zum Thema: past, present und future.

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Die Vergangenheit ist durch den „page of pentacles“ charakterisiert. Planen, Veränderungen durchführen, abwägen und schliesslich die Pläne in die Tat umsetzen.

Aktuell ist es die „world“. was ja gut zu meiner Reise passt, die sich rundet und wo es um Ganzheit und neue Kombinationen geht.

Und für die Zukunft steht die „empress“ auf dem Plan, wo es um Erdverbundenheit und einen lustvollen Neuanfang geht. Ja, das hört sich gut an…. 🙂


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Nicaragua – viva el Che!

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Irgendwann am späteren Abend bin ich dann schliesslich doch angekommen in Managua. Am Flughafen eine ziemlich aufdringliche Taxi-Mafia, aber abends um 10 war es mir zu unsicher ein Taxi auf der Strasse zu stoppen. Immerhin habe ich durch zähes Feilschen einen guten Preis rausgehandelt..

Zur Stadt gibt es nichts besonderes zu bemerken. Ausser, dass man abends ein bisschen aufpassen muss, wo man spazieren geht. Einerseits Armut, anderseits burger king und shopping malls. Aber freundliche, lebensfrohe Menschen….

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Am nächsten Tag fahre ich weiter Richtung Ometepe Island, wo ich mindestens 10 Tage in einer öko-spirituellen Gemeinschaft sein werde.

Die Busfahrt von Managua zum Hafen dauert gut 2 Stunden und ist dank einer netten Sitznachbarin recht kurzweilig. Sie hat den gleichen Weg wie ich – eine Freundin von ihr feiert dort Geburtstag. Wir unterhalten uns nett und flirten auch ein wenig 😉

Am Hafen herrscht ziemliches Chaos. Wegen starken Windes sind ein paar Stunden keine Fähren gefahren und entsprechend lang sind die Schlangen. Aber es kann nun doch weiter gehen. Mist: Das erste Boot ist voll! Gerade mal 4 Personen vor uns, bremst die Schlange – rien ne va plus… Aber in 40 min soll das nächste gehen. Und das in ein Glück! Denn das erste Boot, das total überfüllt ist muss noch einen LKW mitnehmen und lange und aufwändig rangieren, so dass unser Boot schliesslich sogar als erstes ablegt. Ich kann mir die Schadenfreude nicht ganz verkneifen und winke den Leuten auf dem anderen Boot freundlich zu als wir vorbei fahren, aber niemand winkt zurück – komisch…! 😉

Alle Nicaragua-Klischees werden bedient, als ich den Namen der Fähre lese: Che Guevara! Als Pazifist ist mir zwar das Motto „Fighting for peace is like fucking for virginity“ sympathischer, aber ich kann dennoch eine gewisse Faszination für diese historische Persönlichkeit nicht verleugnen.

Gute Stimmung auf dem Boot, hoher Seegang, Leute mit Gitarre. Ich lerne noch ein deutsches Mädel kennen, die einen Tipp hat für ein Hostel und wir finden dort beide noch ein Zimmer. Beim gemeinsamen Abendessen unterhalten wir uns gut – ein schöner Abend! Gut, dass wir vor dem anderen Boot ankommen, denn dort sind ganz viele Backpacker und die haben vielleicht jetzt Schwierigkeiten eine Bleibe zu finden. Unser Hostel ist jedenfalls sofort nach der Ankunft der zweiten Fähre ausgebucht…

Sonntags scheinen die Busse nur sehr unregelmässig oder nach Lust und Laune zu fahren. Aber gerade verdichten sich die Gerüchte, dass heute nachmittag noch ein Bus fährt. Vom Inanitah kann mich heute wohl niemand abholen, aber wenn ich die richtige Abzweigung finde, dass sind es angeblich nur 20 min zu laufen. Mit meinen 30 kg Gepäck vielleicht ein bisschen mehr, aber machbar…

Ich bin gespannt!

 


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Unterwegs nach Nicaragua – terra incognita

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Es gibt doch tatsächlich noch die eine oder andere Gegend auf der Welt, wo ich noch nicht war: Mittelamerika!

Und es gibt Lieder, die mir immer wieder Gänsehaut machen und eine Sehnsucht wecken. Wie die Gruppe Guardabarranco aus NIcaragua. Seitdem ich Ende der 90-er Jahre deren Musik entdeckt hatte, machte es mir Lust dieses Land einmal zu besuchen. Und jetzt bin ich auf dem Weg dorthin!

Und dann war es in der linken Szene früher auch mal schick den real existierenden Sozialismus in diesem Land zu unterstützen. Fairer Handel, solidarische Arbeitseinsätze…Freunde, die damals dort waren und erzählten…

Die Sicherheitslage scheint ok zu sei, der Tourismus noch nicht massenhaft, das Preisniveau ok. Honduras und San Salvador sind noch eher unsicher zu bereisen und Costa Rica und Panama schon übererschlossen und auf US-amerikanischem Preisniveau. Also auf nach Nicaragua!

Die Hinreise gestaltet sich jedoch als etwas sperrig: Der Flug ab Santiago geht schon um 7:15 Uhr und der erste Bus fährt erst um 5 Uhr ab Innenstadt, d.h. etwas zu knapp. Also habe ich einen VIP-shuttle über internet gebucht, den mir meine Gastgeber zudem empfohlen haben. Kostet 25 Dollar, aber immerhin freue ich mich, dass mir für die erste Buchung 10 % Rabatt gegeben werden. Die angkündigte E-Mail-Bestätigung kommt allerdings nicht, der Rückrufservice funktioniert nicht und das Callcenter ist schwer erreichbar. Aber ich erfahre, dass mit der Abholung um 4:30 Uhr alles ok geht.

Roberto kommt extra noch im Schlafanzug anspaziert und lässt es sich nicht nehmen mich um diese Zeit noch persönlich zu verabschieden. Um 4:37 Uhr ist noch kein Taxi da. Ich rufe die hotline an und erfahre, dass diese erst ab 7 Uhr besetzt ist. Was tun? Ich beginne etwas nervös zu werden, denn ich solllte eigentlich um 5 am Flughafen sein. Ich habe auf dem Handy die Uber-App mit privaten Taxis, sehe auch das welche in der Nähe sind und als ich gerade buchen will, klingelt es und der verspätete VIP-Service ist da. Der Fahrer gibt Gas und kompensiert die verlorene Zeit, so dass wir schon um 5:05 Uhr dort sind.

Beim Einchecken besteht der Angestellte jedoch drauf, dass ich ein Rück- oder Weiterflugticket haben muss. Nach meiner Recherche muss ich keines haben. Das war speziell ein Grund warum ich gezielt nach Flügen nach Managua geschaut habe, und nicht ins nahe Costa Rica. Dort wird nämlich zwingend ein weiterführendes Ticket verlangt.

Es ist 5:30 Uhr, bis gegen 6 Uhr sollte ich am Gate sein und muss noch durch Immigration und Securitycheck. Der Angestellte lässt sich nicht erweichen, ich müsse zumindest ein Busticket in ein Nachbarland haben. Aber ich finde auf die Schnelle keine Website, wo ich das mit sofortiger Buchungsbestätigung erledigen kann. Die Zeit läuft….., was tun?

Also gut, dann buche ich jetzt eben einen Flug nach Deutschland, suche nach der günstigsten Option von Costa Rica nach München, nehme noch die flexible Umbuchungsmöglicheit dazu und habe mein Ticket mit Condor. Haarscharf läuft das auch mit Immigration und Security, so dass ich am Gate bin, als gerade das Boarding beginnt. Uff, geschafft!

In Lima hänge ich dann aber erst mal fest. Der Flieger aus Buenos Aires zum Weiterflug nach El Salvador ist wegen eines Gewitters mehr als eine Stunde verspätet. Dumm, dass der Anschluss dort auf lediglich 45 Minuten bemessen war. Also habe ich 2,5 Stunden in Lima und derzeit, als ich das schreibe – 6 Stunden Aufenthalt in El Salvador. Ach wie schön wäre es jetzt schon im Hostel zu sein, mich frisch zu machen, einen Bummel durch die Stadt zu machen, ein paar Erledigungen, lecker essen gehen… Stattdessen sitze ich in einem Flughafenrestaurant, für das ich immerhin einen Essensgutschein bekommen habe.. Grummel…


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Reisekosten Chile

Hier kommt die Ausgabenübersicht für Chile

Durchschnittlicher Tagessatz für Unterkunft, Essen, Transport, Eintrittsgelder:

35 EUR x 37 Tage = 1286 EUR (gerundet)

Extras: Keine

Dies entspricht 1050 EUR / Monat und liegt somit etwa auf dem Niveau Perus. Allerdings habe ich in Chile gut 2 Wochen bei Verwandten und Freunden gelebt, was die Ausgaben drastisch gesenkt hat, da ich kaum eine Chance hatte den eigenen Geldbeutel zu zücken. Tatsächlich liegt Chile in etwa auf dem Niveau Argentinien, d.h. ca. auf europäischem Niveau.

Unterkünfte und Transport sind eher etwas günstiger als in Argentinien, aber es spielt eine grosse Rolle, ob man zur Hauptferienzeit unterwegs ist. Chile im Februar besser meiden!

Hotels und Essen gehen waren in Chile budgetmässig nur ab und zu drin. In kleinen abgelegenen Orten war jedoch beides, im Gegensatz zu Argentinien, durchaus bezahlbar.


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Was mich an Chile nervt

Chile ist ein Autoland. D.h. ohne ein solches ist man weitgehend aufgeschmissen. Shopping-Malls, gute Strassen, drive-ins – in Zentralchile mutet es schon fast US-amerikanisch an. Und ansonsten sind die Entfernungen einfach sehr gross, die schönen Ziele sind abgelegen und es fahren nur selten Busse.

Und Chile erschliesst sich vor allem in den naturbelassenen, kaum erschlossenen Gegenden. Dort kann man wunderbar in die Wildnis eintauchen, wenn man ein eigenes Gefährt hat.

Bisweilen sind noch etwas militärische Strukturen sichtbar, etwa bei der Polizei. Das macht das Land relativ sicher, aber es fehlt mir bisweilen etwas die kritische Distanz zu den Zeiten der Militärdiktatur.


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Was ich an Chile liebe

Chile hat eine tolle landschaftliche Vielfalt und es gibt – anders als in Argentinien – kaum Abschnitte die landschaftlich über längere Strecken eintönig wären, ausser vielleicht im Norden, wenn man die Panamericana durch die Atacama-Wüste fährt.

Dadurch das es nie weit bis in die Berge oder ans Meer ist, beeindruckt die Landschaft meistens durch tolle Kontraste. Und zumindest im Süden ist es sehr grün, weil es auch im Sommer immer mal wieder regnet.

Chile hat einen guten Grad an Organisiertheit. Die Dinge funktionieren im allgemeinen recht gut und Auskünfte sind verlässlich. Nicht unbedingt vergleichbar mit Mitteleuropa, aber dort ist für meinen Geschmack eher überstrukturiert.

Die Leute sind etas kühler als in Argentinien. Der starke deutsche Einfluss macht sich vor allem im Süden bemerkbar. Ich habe jedenfalls eine grosse Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft bemerkt

 


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La familia chilena – bienvenido a Santiago!

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Antizyklisches Verhalten ist nicht nur an der Börse gut. Im Februar nach Santiago zu fahren, wenn die halbe Bevölkerung Urlaub am Strand oder in den Bergen macht, zahlt sich aus. Santiago leer – alles andere voll! Wie Paris im August.

Wie entspannt es sich anfühlte bei meiner Cousine in Buin anzukommen. Auf dem Land, eine halbe Stunde südlich von Santiago. Maritza ist mit ihren 81 Jahren noch richtig fit, in jeglicher Hinsicht. Nachdem ihr Mann verstorben ist lebt sie auf ihrem 5000 m2 Grundstück alleine mit ihren Hunden. Eine Oase der Ruhe mit Swimmingpool und allen möglichen Obstbäumen die reiche Frucht tragen. Ihre Kinder und Enkel leben jedoch alle im Grossraum Santiago, so dass in der Regel zumindest am Wochenende full house ist. Der Famileinzusammenhalt in Südamerika ist viel intensiver als in Deutschland üblich. Und es ist schön als Teil dieser Familie willkommen zu sein und höchst gastfreundlich aufgenommen zu werden.

Maritza hat eine interessante Lebensgeschichte. Ein Halbbruder meines Vater (übrigens auch ein Ingenieur, genau wie ich) war in den 20-er und 30-er Jahren viele Jahre in Chile und auch lange Zeit im argentinischen Süden, in der gleichen Gegend wie seine Schwester (deren Nachkommen ich in Argentinien besucht habe). In Chile verliebte er sich und Maritza kam auf die Welt. Als sie viereinhalb war, wollte er nur eben noch mal kurz nach Deutschland, um seine Sachen zu regeln, zurück zu kehren und wohl die Mutter seiner Tochter zu heiraten. Es war 1939…… Hitler zettelte diesen furchtbren Krieg an und er konnte nicht mehr zurück und wurde stattdessen zur Wehrmacht eingezogen. Der Kontakt nach Chile brach abrupt ab, es vergingen viele Jahre und dann kam alles anders. Die Welt dreht sich weiter – Krieg und Gefangenschaft prägen einen und er kehrt dann nicht mehr nach Chile zurück In den 70-er Jahren macht Maritza ihren Vater ausfindig und er sagt er hätte die ganze Zeit immer wieder ans Zurückkommen gedacht. Das Kinderfoto von ihr hätter er all die Jahre in seiner Brieftasche aufbewahrt und ihre Mutter sei die Liebe seines Lebens gewesen. Ihre Mutter sagt von ihm das Gleiche. Wie tragisch, dass disese Liebesgeschichte keine Fortsetzung fand! Mein Halbonkel sorgte aber immerhin dafür, dass Maritza auf eine deutsche Schule gehen kann und sie spricht auch heute noch akzentfrei deutsch, auch wenn sie neumodische Ausdrücke nicht auf deutsch weiss. Egal, Hauptsache sie hat schnelles Internet, auch wenn es bei ihr über fibra optica und nicht über Glasfaserkabel funktioniert. Und andere Ausdrücke wirken dann liebenswürdig antiquiert, z.B. wenn sie vom Schutzmann statt vom Polizisten redet…

In Gesprächen haben wir durchaus unsere Gegensätze. Ihr ist es wichtig immer wieder zu betonen, dass es unter Pinochet alles ganz prima funktioniert habe und dass Allende das Land ins Chaos geführt hätte. Sie wollen 1973 schon auswandern, hatten bereits Tickets gekauft und alles organisiert. Aber dann kam der Putsch und sie entschieden sich doch zu bleiben. Als Ende der 80-er Jahre eine Tochter als Studentin im Widerstand gegen die Militärdiktatur war, hing wohl der Haussegen mitunter schief, aber andererseits hat sie auch Freunde, die bekennende Kommunisten sein. „Man dürfe halt nur nicht über Politik reden“…

Einmal überrascht sie mich mit Musik von Konstantin Wecker, den sie genauso mag wie ich. Und der ist ja auch ein Revolozzer und kein Freund der Miliärs… Sie hört auch Ramstein, die toten Hosen und die Prinzen 😉

Direkt in Laufentfernung vom Anwesen grenzen berühmt Weinbaugebiete an. Ich ergreife die Gelegenheit und besuche eine Bodega, die immerhin 60 Millionen Flaschen im Jahr produziert:

Nach einer Woche heisst es Abschied nehmen. Eine Tochter hat sie eingeladen mit ihrer Familie zusammen in den Süden zu fahren. Ich hätte mich auch anschliessen können, aber ausgerechnet Pucon hat mich nun doch nicht so recht gezogen.

So ziehe ich zu Roberto um, der in Santiago wohnt und meinem Vater verblüffend ähnlich sieht. Er war lange Geschäftsführer in der Telekomunikationsbranche und versucht gerade als Selbständiger Fuss zu fassen, was gar nicht so einfach ist. Eine herausfordernde Situation, zumal er – verglichen mit deutschen Massstäben – einen recht gehobenen Lebensstil pflegt und seine beruflichen Bemühungen noch nicht so viel einbringen wie er eigentlich bräuchte. Eine Wohnung in einer guten Lage in Santiago, jedes Familienmitglied hat sein eigenes Auto (er selbst einen grossen Mercedes), eine Hausangestellte, die 5 Tage die Woche kommt und sogar mittags ein vorzügliches Menü kocht. Auch hier bin ich von der Gastfreundschaft dankbar beeindruckt und wie ich als Teil der Familie aufgenommen werde. Gerne würde ich mich ja auch irgendwie beteiligen, erkenntlich zeigen, aber ich bekomme keine Chance meinen Geldbeutel zu zücken. Am Sonntag machen wir einen netten Ausflug ans Meer, essen in einem tollen Seafood-Restaurant, schauen und eine ehemalige Walfangstation an und holen uns einen Sonnenbrand am Strand:

Zwischendurch besuche ich noch Freunde in der Nähe von Valparaiso – ein junges Paar, das ich vor zwei Jahren auf Hochzeitsreise in Kolumbien kennen gelernt habe. Mittlerweile haben sie einen dreimonatigen Sohn, der ebenso wie sie selbst einen glücklichen und zufriedenen Eindruck macht. Ich bleibe zwei Nächte und es gibt wieder nette Ausflüge und ein Asado am Meer, im Haus seiner Eltern….Cristians Eltern sind auch sehr nett, über den Vater bekomme ich tiefe Einblicke in den speziellen chilenischen Humor und die Mutter ist Hobbymalerin – aber auf sehr hohem Niveau, die Bilder sind klasse!

Und ich lerne speziell chilenische Ausdrücke. Mein Lieblingswort ist „te tinca?“. Das heisst einerseits „hast du Lust drauf“, aber auch mit einem touch von „was sagt deine Intuition, dein Bauchgefühl dazu?“

Aber so langsam wird es Zeit weiter zu ziehen. In Chile möchte ich im Februar nicht weiter herumreisen und meine grosse Reise in den Tropen ausklingen lassen. So werde ich am 19.02. nach Nicaragua fliegen und mich mindestens 10 Tage in einem Öko-Spiri-Projekt aufhalten. Ich bin schon gespannt, was ich dort lernen und erfahren werde. Es kann sein, dass ich dort weg vom Internet bin. Aber keine Angst – ich bin nicht verschollen, sondern hier.

 


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Pucon – eine kleine Horrorgeschichte

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Es gibt wohl tatsächlich Leute die Pucon mögen, sogar zur Hauptsaison. Zumindest hatte ich vorher einiges positives davon gehört und die Beliebtheit des Ortes spricht ja auch für sich.

Meine Erfahrungen mit Pucon – 5 Stunden nördlich von Puerto Varas – waren jedoch eher gruselig.

Ich hatte vorher eine Unterkunft gebucht in einem Eco-Hostel, etwas ausserhalb des Ortes. Ich erhoffte mir etwas mehr Ruhe als im Ortskern und eine ähnlich gute Vibration wie in Cochamo. Als ich spätabends dort ankomme und man mir die Unterkunft zeigt, wäre ich allerdings am liebsten wieder umgedreht: Ein enges Wellblechkabuff mit dünnen Holzwänden, wo man auf 6 m2 zwei wackelige, alte Doppelstockbetten hinein gepfercht hat. Darin zwei angetrunkene Gestalten aus UK und USA. Das „Zimmer“ hat ungefähr den Charme eines Kellerabteils im einem deutschen Mietshaus. Für 12 Personen gibt es gerade mal eine Dusche und eine Toilette und das 20 m entfernt über den Hof laufend, der lediglich aus grauen Steinchen besteht – kein Grün, die Atmosphäre eines Gewerbegebietes. Die Trennwände zu den anderen Kabuffs sind so dünn, dass man jeden Atemzug des Nachbarn mtbekommt. Direkt gegenüber haben junge Leute ein Haus gemietet und feiern bis ca. 3 Uhr Party. Meine Zimmergenossen schaffen es irgendwann trotzdem einzuschlafen, denn beide schnarchen wie ein Sägewerk. Trotz Ohropax, gelingt es mir nicht einzuschlafen. Als ich dann gerade ein wenig geschlafen habe, laufen lautgrölende Menschen am Hostel vorbei und immer wieder Autos mit voll aufgedrehter Musik. Später erfahre ich, dass sich am Ende der Strasse eine beliebte Disko befindet, die so gegen 4 Uhr schliesst. Zu allem Überfluss gibt es im Hostel einige Hunde und auch in der Nachbarschaft, und die schlagen jedes Mal Alarm, wenn mal wieder eine Horde Besoffene vorbei zieht. Zum Glück sind meine Zimmergenossen schon um 6 Uhr zu einem Ausflug weg und dann wird es auch auf der Strasse ruhiger. Endlich kann ich noch ein paar Stündchen schlafen und wache gegen 10:30 Uhr auf, ziemlich gerädert.

Ich will hier weg!!! Soviel ist klar. Um 11 Uhr ist checkout, also reicht mir das gerade noch.

Allerdings komme ich nicht so einfach weg. Die beharren doch tatsächlich auf 50 % Stornogebühren. Und da ich gleich zwei Nächte reserviert hatte, habe ich ein Problem. Ich bin stinksauer. So etwas ist mir in ganz Südamerika noch nicht passiert. Pläne werden ständig geändert und niemand kommt auf die Idee auf irgendwelchen Gebühren zu bestehen, allenfalls vielleicht wenn man gar nicht anreist. Aber wenn man einen Tag kürzer bleiben will? Nun ja, die Besitzerin ist eine Deutsche. Und Deutsche können ja stur mit Regeln sein – fürchterlich! Da kann auch die nette Brasilianerin an der Rezeption nichts dafür: Sie muss die Regeln durchsetzen. Ich treffe noch zwei andere deutsche Mädels, die für 5 Nächte gebucht haben und auch nur noch weg wollen. Sie beissen in den sauren Apfel und zahlen die Stornogebühren: Keine Nacht länger hier… Eine andere Deutsche ist da, die erzählt, dass sie jetzt drei Tage dort ist und sich diese Stories jeden Tag abspielen. Nach einigen Diskussionen bietet man mir zumindest ein Einzelkabuff an für den gleichen Preis und ich akzeptiere.

Ich mache mich auf zu Thermalquellen in der Nähe, nur 30 min entfernt. Der Busfahrplan, den das Hostel hat, ist allerdings veraltet. Ich hetze mich ab, um zur Haltestelle zu kommen und warte dann doch 45 min. Die Fahrt dauert fast zwei Stunden, da so viel Verkehr ist….. Die Thermen  sind dann ganz schön und sie sind zwar gut besucht, aber es ist noch erträglich:

Die Rückfahrt ist dann ein einzige Desaster: Der Bus kommt mit mehr als 30 min Verspätung, ist überfüllt so dass es nur Stehplätze mit Kuschelfaktor gibt und dann ist 10 km vor Pucon Schluss: Stau….rien ne va plus. Für die nächsten zwei Kilometer brauchen wir 40 Minuten. Eingepfercht im Bus, heiss, stickige Luft und Latino-Techno-Musik. Mir reicht es! Ich beschliesse zu laufen…..8 km an der Autoschlange entlang. Ich brauche zwar joggend fast eine Stunde, aber bin immer noch viel schneller als wenn ich im Bus geblieben wäre. Es ist schon dunkel als ich im Hostel ankomme. Ich habe keine Lust mehr zu kochen – besorge mir auf dem Weg im Supermarkt eine Fertiglasagne für die Mikrowelle und eine grosse Flasche Bier, die ich esse während im Haus gegenüber gerade wieder die nächtliche Party mit lauter Musik losgeht.

Da ich befürchte, dass es im Ortszentrum auch nicht viel besser ist, beschliesse ich doch noch eine weiter Nacht zu blieben, obwohl ich nun für das Einzelkabuff noch mal 35 % mehr zahlen muss. 20 Dollar dafür sind eine Frechheit. Aber ich will doch gerne noch etwas von der angeblich so schönen Umgebung von Pucon sehen. Und so miete ich mir ein Fahrrad, um dem Stau zu entgehen.

Ich frage dann interessehalber im Hostel nach, warum es eigentlich Eco-Hostel heisst. Es wäre doch sehr viel Blech und Plastik verbaut, ich sehe keine Solaranlage, Regenwassernutzung, Komposttoiletten oder zumindest einen grünen Garten. Sie hätten Wasserspargeräte angebracht und eine umfangreiche Mülltrennung – na toll! Ansonsten ist das Hostel zugepflastert mit Schildern mit Verhaltenstipps zum ökologischen Sparen. Und zwar so viel und penetrant, dass es wie eine deutsche Öko-Diktatur-Satire wirkt….

Der angebliche Mountainbike-Trail, ist dann dummerweise auch für Autos befahrbar und ich werde alle paar Minuten kräftig eingestaubt, aber immerhin gibt es recht nette Landschaft, Wasserfälle und einen See. Die Wasserfälle sind allerdings überfüllt und am See fahren ständig Leute mit jetski herum, so dass keine Ruhe herscht. Also auch nicht der Hit, aber zumindest habe ich jetzt mal etwas von der Umgebung gesehen.

Die Vulkantour spare ich mir: 120 Dollar für einen Tagestrip sprengen mein Budget.

Ich gehe abend noch essen – lecker peruanisch! – aber überteuert und besorge mir für den nächsten Tag ein Busticktet nach Santiago. Ich habe erstmal die Schnauze voll von chilenischem Sommertourismus im Februar. Die Gegenden, die gut erschlossen sind und die man ohne Auto machen kann, sind so wie Pucon. Und die anderen sind teuer, ausgebucht und abgelegen. Chile im Sommer also nur mit Auto und Campingausrüstung!!!!!

Noch mal ein nettes Beispiel des deutschen Einflusses in Chile. Ein Hersteller von Zweirädern heisst schlicht „Motorrad“:

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Cochamo – good vibrations

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In Cochamo habe ich mal wieder einen Glücksgriff getan.

Von der Halbinsel Chiloe kommend habe ich zwei Nächte einen Zwischenstopp in Puerto Varas gemacht, ein Städtchen mit einiger touristischer Infrastruktur, das mich allerdings nicht begeistert hat. Es war auch etwas kühl und regnerisch und direkt vom Ort aus konnte man nicht so viel unternehmen. Ich wollte aber gerne wohin, wo es schön ist und man direkt von einer Basisstation aus loslaufen kann.

Und so einen Ort habe ich zwei Stunden entfernt von Puerto Vara gefunden. Das Eco-Hostal las Bandurrias in Cochamo. Ein schweizerisch-chilenisches Paar haben das Haus vor zwei Jahren nach ökologischen Gesichtspunkten gebaut (natürliche Baumaterialien, gute Dämmung, effiziente Holzheizung, Solaranlage und eine eigene biologische Kläranlage). Sie haben ein kleines Kind und teilen quasi mit den Gästen ihr Wohnzimmer. Man ist also gleich ein Teil der Familie und die Gäste, die sie anziehen, sind auch angenehm. So haben sich interessante Gespräche und Kontakte ergeben.

Ein Paar habe ich dort kennen gelernt, die von Kalifornien aus mit dem Motorrad bis Feuerland unterwegs sind. Franz ist 55 und stammt ursprünglich aus Deutschland, Bayern und im Gespräch stellen wir fest, das er in Fürstenfeldbruck aufgewachsen ist, in dem Städtchen in der Nähe von München, wo ich 18 Jahre gearbeitet habe. Er ist allerdings vor 30 Jahren bereits aus Deutschland weg und hat abwechselnd in Kalifornien und auf Bali gelebt. Dort hat er auch seine 20 Jahre jüngere Freundin Jenna kennen gelernt, mit der er zumindest teilweise auf seiner Reise unterwegs ist. Mit beiden habe ich gleich einen guten Draht:

Nach zwei Übernachtungen breche ich erst mal auf ins Cochamo-Valley, einem wilden Seitental, das wegen seinen steilen Felswänden mit dem Yosemite-Park in Kalifornien verglichen wird. Ebenfalls ein Kletterer-Eldorado, aber noch viel ursprünglicher. Silvie vom Hostel leiht mir für einen sehr günstigen Preis ihr Campingequipment und so bin ich gerüstet ein paar Tage im Tal zu verbringen. Ich freue mich, dass ich Franz und Jenna dort wieder treffe und wir verbringen zwei Tage gemeinsam, kochen und wandern zusammen. Es herrscht eine grosse Vertrautheit zwischen uns die Gemeinschaft tut mir gut. Ich habe so das Gefühl, dass ich die beiden nicht zum letzten Mal sehen werde. Franz fängt in wenigen Wochen an auf Bali ein Gemeinschaftsprojekt in der Nähe von Ubud zu bauen. Vielleicht werde ich mir das irgendwann mal anschauen….

Wir übernachten im Campo Aventura und schon der 5 stündige Anmarsch ist abenteuerlich und zum Schluss muss der Fluss mit einer einfachen, handbetriebenen Seilbahn überwunden werden. Die Wanderung in Richtung Arco-Iris-Gipfel hat es auch in sich. Es ist mehr eine Kletterei durch die Wildnis, ab und zu mit Seilen gesichert, aber durch die Pflanzenvielfalt, die Ausblicke und die nette Gesellschaft ein tolles Erlebnis:

Den letzten Tag lasse ich noch am Fluss, badend und lesend vor sich hin plätschern, während die anderen beiden schon wieder zurück gelaufen sind.

 


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