Ostern ist ein Herbstfest

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Am Gründonnerstag mache ich mich auf zur bay of plenty. Wahrscheinlich ist das eher positiv gemeint, aber mir fällt auf, dass es plenty of traffic, noise, people and civilization gibt. Kann mich mal jemand wieder zurück auf die Südinsel beamen?

Osterferien haben begonnen, und auch wenn es schon herbstlich kühler wird, ist es wohl für viele noch mal eine Gelegenheit raus zu fahren und zu campen.

Ich komme auf einem grossen Campingplatz unter, schöner Blick auf Meer und alle facilities, die ich brauche. Wäsche waschen und in einer Küche auf einem richtigen Herd kochen ist ja auch ab und an mal ganz gut. Ausserdem ist es gut alle paar Tage mal meine Wasserflasche in den Freezer zu tun, damit das schmelzende Eis meine Kühlbox auf niedriger Temperatur hält. Die elektrische Kühlung alleine scheint nicht wirklich auszuzureichen und ausserdem zieht sie so viel Strom, dass ich schon ein paar Mal Probleme beim starten hatte. Auch wenn ich peinlich drauf geachtet habe, die Kühlbox nur bei laufendem Motor zu betreiben.

Am Abend mache ich etwas, was ich in meinem ganzen Leben noch nicht gemacht habe, getreu dem Motto,  dass ich auf reisen ja alles mögliche probieren kann und es mir egal sein kann, was die Leute denken,  solange niemand anderes in seinen Bedürfnissen dadurch eingeschränkt wird. Was es ist können Menschen lesen, mit denen ich auf Facebook befreundet bin….

Am kommenden Morgen fahre ich zu dem Prana-Osterfestival zwei Stunden weiter, aber vorher hole ich noch eine junge Argentinierin ab, die auch dorthin will und wir uns über Facebook verabredet haben, gemeinsam zu fahren. Sie ist nett und so wird die Fahrt recht kurzweilig.

Das Festival gefällt mir auf Anhieb richtig gut. Ich hätte es mir kleiner vorgestellt, denn es wurde überall gepostet, dass es ja diesmal nur eine Miniaturausgabe des grossen Sommerfestivals zum Jahreswechsel sei. Aber jetzt haben sie auch immerhin 800 Tickets verkauft und sind damit schon einige Tage zuvor ausverkauft. Gut, dass ich mich rechtzeitig gekümmert habe.

Das Gelände ist wunderbar weitläufig im Wald gelegen, unmittelbar angrenzend an einen sehr schönen langen Sandstrand. Ich finde einen schönen Stellplatz im Grünen und lade erst mal die Argentinierin und ihre Freundin zum Essen ein, denn ich habe vom Vorabend noch eine Menge leckeres Thaicurry mit Huhn übrig (ja richtig gelesen: In Neuseeland bin ich wieder zum Fleischesser geworden und ich kaufe mir so einiges Fleisch und Fisch – beides recht gut und etwas günstiger als in Deutschland, wohingegen Obst, Gemüse und Milchprodukte eher teurer sind, warum auch immer, denn fast alles stammt aus dem Inland und jetzt im Herbst ist Haupterntezeit). Sie bringen dann gleich noch einen weiteren Argentinier mit und es ist schön in geselliger Runde zu essen und meine Sachen zu teilen. Das Essen reicht sogar noch, um uns alle vier satt zu kriegen. Anschliessend erkunde ich mit den dreien zusammen noch das Gelände und lerne noch etliche andere Leute, vorwiegend Argentinier, kennen. Aber auf diesem Festival sind auch viele Kiwis (d.h. Einheimische), Familien, Kinder. Es ist nicht wie das Reinbow-Gathering von Ausländern dominiert.

Es gibt ein tolles Workshop-Programm, dass ich hier mal abbilde:

Ich habe einen guten Start, fühle mich richtig wohl, lerne nette Leute kennen, treffe Bekannte vom Rainbow wieder und bin auch von der Eröffnungszeremonie schwer beeindruckt. So was kann ja schnell peinlich wirken. Aber hier ist es eine gemischte Gruppe von Maori und weissen Kiwis, die das Ritual anleiten und es hat eine ungeheure Kraft. Ich finde es in Neuseeland immer wieder bemerkenswert, dass die indigenen Wurzeln so gut integriert sind, die Sprache und Kultur gepflegt werden und es auch viele gut verdienende middleclass-Maoris gibt, d.h. anders als in Australien oder Amerika, wo Menschen mit indigenen Wurzeln eher ein Leben am unteren Rand der sozialen Skala führen. Zwar haben auch in Neuseeland im 19. Jahrhundert christliche Missionare gewütet und Maori wurden unter Androhung von Gewalt gezwungen die christliche Religion anzunehmen (sie konnten gnädigerweise wählen, ob sie anglikanisch oder katholisch werden wollten), aber denn scheint noch das meiste der spirituellen Wurzeln überlebt zu haben. Und wie bei allen indigenen Völkern, ist auch bei den Maoris die Natur etwa Heiliges, Bewahrenswertes und die schamanischen Prinzipien sind lebendig. Aus europäischer Sicht schaue ich da etwas neidisch drauf, denn bei uns haben die Jahrhunderte Christentum nicht nur den Kontakt zu unseren vorchristlichen, schamanischen Wurzeln überwiegend gekappt, sondern auch die Zerstörung der Natur voran getrieben und uns eine einengende Moral übergestülpt. Wir können nur sehr vage an keltische oder altgermanische Bräuche anknüpfen, weil diese mit bestialischer Gewalt verfolgt, unterdrückt, verbrannt, vernichtet wurden. Vielleicht hält die Vatikan-Mafia immer noch einiges davon unter Verschluss. Ich bin immer noch wütend und aufgebracht, wenn ich mir dieses jahrhundertelange, christliche Zerstörungswerk betrachte und kann mich da regelrecht in Rage schreiben.

Umso schöner, dass die Zerstörung  alten Wissens nicht in allen Teilen der Welt so erfolgreich wie in Europa war, wo wir uns quasi aus dem esoterisch-spirituellen globalen Bauchladen suchend bedienen müssen, um zu unseren Wurzeln vorzustossen, weil diese in unserer eigenen Kultur gekappt wurden. Das ist einerseits traurig, aber andererseits auch hoffnungsfroh, dass indigene Völker aus aller Welt bereit sind ihr altes Wissen mit den Nachfahren derer zu teilen, die damals dieses Wissen bekämpft haben. Wenn wir als Menschen eine Zukunft auf diesem Planeten haben wollen, dann gilt es von diesem alten Wissen zu lernen, was Nachhaltigkeit und Leben im Einklang mit der Natur bedeuten.

Am Karfreitag gibt es jedenfalls eine tolle Party, erst mit Life-Musik und dann mit Disco bis in die Morgenstunden. Einer Freundin, die sich in Deutschland per Facebook über das Tanzverbot am Karfreitag aufregt, schicke ich mal eben ein Foto von der ausgelassenen Tanzstimmung in Neuseeland…

Die nächsten Tage vergehen wie im Fluge, ich besuche viele Workshops und finde zwischendurch auch mal Zeit am schönen Strand nackig in die Wellen zu tauchen. Das Wetter spielt mit und tagsüber ist es noch angenehm sonnig und warm bei bis zu 24 Grad. Auch das Meer hat noch 20 Grad – nur nachts kühlt es schon spürbar ab, aber man kann ja tanzen oder am Feuer sitzen…

Ich bleibe noch einen Tag länger dort, weil ich keine Veranlassung habe so schnell wieder in die Zivilsation zurück zu kehren und es gut ist, die Erlebnisse noch in Ruhe für mich ausklingen zu lassen.

 Schade, dass der Fortbestand dieses Platzes gefährdet ist. Es könnte das letzte Festival dort gewesen sein. Der Gründer, der das Zentrum für Spiritualität und Selbstentfaltung vor 23 Jahren gegründet hat, ist im März verstorben, das Projekt steckt in finanziellen Schwierigkeiten und die Nachfolger ringen um Wege den Geist weiterleben zu lassen. Es ist spürbar, dass dieser Platz für Tausende von Menschen wichtige Wachstumsimpulse gesetzt hat und es ist eine grosse Liebe, wohlwollende Anerkennung und Verbundenheit spürbar.


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