Ohne Gewehr – Einmal quer durch Mittelamerika

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Das nächste Gemeinschaftsevent steht in Guatemala an, das consciousness-festival am schönen Atitlansee. Grosse Entfernungen sind ja in Mittelamerika nicht zu überwinden, aber dafür umso mehr Grenzen. Um von Nicaragua aus nach Guatemala zu kommen, muss man erst mal durch Honduras und dann El Salvador. Und diese Länder sind nicht unbedingt für ihre Sicherheit bekannt – Wildwest quasi.

Aber es gibt inzwischen gute internationale Busgesellschaften, die diesen Transit in einem Paket anbieten. Ein wenig gereizt hätte es mich schon mit auf dem Weg noch ein paar Highlight in Honduras und/oder El Salvador anzusehen. Aber da ist einerseits meine Reisemüdigkeit und andererseits mein Bedürfnis eher länger an einem Ort zu verweilen. Nun ja, und dann ist die Sicherheitslage nun auch so, dass man ziemlich auf der Hut sein muss…. also eher unentspannt. Also entscheide ich mich für die Rundum-Sorglos-Variante und buche ein Busticket. Das kostet auch schon stolze 82 Dollar von Managua nach Guatemala City, aber die rund 750 km zu fliegen, hätte mehr als das dreifache gekostet. Billigfluglinien sind in Lateinamerika Mangelware.

Innnerhalb von Chile oder Argentinien hätte ich diese Entfernung in 8-9 Stunden oder einer Nachtfahrt auf einer Arschbacke abgesessen, aber hier dauert das mindestens 18 Stunden. Nachtfahrten werden nicht angeboten – einerseits wegen der Sicherheitslage und andererseits wegen der aufwändigen Grenzzermonien. In einigen Bereichen arbeitet die Region Centroamerica zwar kooperativ zusammen, aber die Grenzen sind noch ungefähr so aufwändig, wie wenn man in den 80-er Jahren in eine Gegend östlich des eisernen Vorhangs wollte. Die „Gänsefleisch-Frage“ (d.h. gänsefleisch mal den Kofferraum aufmachen) wird hier gar nicht gestellt. An jeder Grenze muss das Gepäck eh raus aus dem Bus, auf einen Tisch gelegt und geöffnet werden, damit behandschuhte Finger und Hundenasen neugierig im Inhalt herum schnüffeln können.

Die Grenze von Nicaragua nach Honduras stellte mich zudem noch vor eine zusätzliche Herausforderung: Den ggf. verlangten Nachweis einer Gelbfieberimpfung, die ich nicht offiziell habe. Beim Kauf des Tickets wurde ich von diesem Hinweis überrascht und beschloss die Sache erst mal zu ignorieren, im Vertrauen, das würde schon nicht so heiss gegessen, wie es gekocht wurde. Im Internet las ich zudem, dass der Nachweis dieser Impfung nur verlangt würde, wenn man aus einem Risikoland einreisst, oder kürzlich dort war. Ich las etwas von einer Frist von 6 Tagen, was auch Sinn macht, da sich eine Ansteckung mit Gelbfieber spätestens nach 6 Tagen mit hohem Fieber bemerkbar macht. Trotzdem machte ich mir während der kurzen Nacht vor der Abreise so einige Gedanken..

Morgens um 2 Uhr checkte ich ein und wieder kam die Frage nach dem Impfnachweis. Ich holte mein Impfbuch raus, wohlwissend, das die Seite mit der Gelbfieberimpfung leer ist. Ich hatte zwar vor 20 Jahren eine derartige Impfung und medizinisch ist das ausreichend, um mich nichts anzustecken, da die Antikörper lebenslang halten. Aber rechtlich ist der Schutz trotzdem nur 10 Jahre gültig.

Was tun? Ich musste also damit rechnen, dass sie an der Grenze tatsächlich nach dem Nachweis fragen würden. Also machte ich mich dran einen entsprechenden Eintrag zu fälschen. Ein Impfstoff mit Chargennummer war im Internet schnell gefunden, eine unleserliche Arztunterschrift hinzuschmieren war auch kein Problem. Aber mit dem Stempel wurde es dann natürlich schwierig, um nicht zu sagen unmöglich.

Um 06.30 Uhr kommen wir an die Grenze. Eine Riesenprozedur: Fingerabdruckscan, Gesichtsfoto, alle möglichen Fragen….. und dann ein neugieriges Blättern in meinem Pass. Und siehe da: Der erste Risikolandstempel, der dem Beamten auffiel, war der von Kolumbien. Ich war in Kolumbien, also bräuchte ich einen Impfnachweis. Ich sagte, dass sei ja nun schon über 2 Jahre her, aber der Mann liess nicht mit sich diskutieren. Ich wurde zu seinem Vorgesetzten in ein Hinterzimmer geleitet. Dieser Mann war äusserst freundlich, als er mit erklärte, dass er mich ohne Impfnachweis nicht einreisen lassen könnte. Es war schon klar, was das bedeutete – der Anfang der Schmiergeldzahlungs-Verhandlung. Ich fing noch mal an, davon zu reden, dass Kolumbien ja schon so lange her sei…aber er behauptete, dann dass die Frist 10 Jahre wäre. Da ein Pass eine Laufzeit von 10 Jahren hat, darf sich also in dem gesamten Pass kein einziger Stempel eines entsprechenden Landes befinden? Ja, so wäre das Gesetz…. hüstel…wichtigtu! Nun gut, das war dann der Zeitpunkt meinen gefälschten Trumpf aus der Hinterntasche zu ziehen und ihm mein Impfbuch zu zeigen. Und siehe da: Er hat die Fälschung nicht bemerkt und der Beamte am Schalter vorne bekam von ihm grünes Licht mich schliesslich abzufertigen….

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Ich war ziemlich erleichtert und vergnügt, dass es geklappt hat.

Die Fahrt durch Honduras dauerte nur 3 Stunden und es war alles braun, trocken und verdreckt von Müll. Sicherlich auch eine noch grössere Armut als in Nicaragua. Es gibt bestimmt auch sehr schöne Ecken in Honduras, vor allem an der Karibikküste, aber die Route führte eher in Pazifiknähe entlang.

Dann die Grenze nach El Salvador. Keine Impfpass-Stories, aber dafür wieder eine langwierige Prozedur. Viel Militärpräsenz. Und als wir dann nach San Salvador (die Hauptstadt) hinein fahren, fällt mir neben dem Müll und der Armut eine ungeheure Dichte von Sicherheitsleuten mit Maschinengewehr im Anschlag auf. Vor jedem grösseren Laden, steht so jemand, sogar vorm Burger King. Mauern sind mit meterhohem Stacheldraht gesichert… Das hat sicherlich alles seinen Grund. Auf der anderen Seite sehe ich auch zur Schau gestellten Reichtum: Protzige Villen und fette Luxusautos….

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Als wir dann kurz vor Sonnenuntergang die Grenze nach Guatemala überqueren ist mir wieder wohler. Hier fühlt es sich entspannter an…. Das Hostel im Finance und Partydistrikt Zone 10 ist angenehm und man kann sich sicher in der Gegend auch nachts bewegen. Ich vertrete mir nach der langen Fahrt noch etwas die Beine, gehe was essen und hole mir die lokale Währung aus dem Automaten, mit dem lusten Namen „Quetzal“

Wie schön, dass man in Europa von drei Grenzübergängen so gut wie nichts mitbekommt, es keine Kontrollen mehr gibt und sich die Anzahl der bewaffneten Raubüberfälle auch in engen Grenzen hält, so dass man sich fast überall frei bewegen kann! Ich habe es nämlich lieber „ohne Gewehr“…


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